Erlebnisbericht von Michael Jürgens/7. März 2008
Seit einiger Zeit schon finden in Andenes/Norwegen Walsafaris statt. Mit großen Trawlern, aber auch mit kleinen umgerüsteten Walfangschiffen fährt man aufs Meer, um Pottwale zu beobachten.
Diese Walsafaris sind ein Gemeinschaftsprojekt des örtlichen Fremdenverkehrsamtes (will man damit die Gemüter der Walfang-Gegner besänftigen?) und des WWF. Ich war im Sommer 2006 in Norwegen und wollte neben der großartigen Landschaft auch die Meeresfauna kennenlernen. So machte ich mich zusammen mit meiner Lebensgefährtin in Andenes zu einer sechsstündigen Whale-Watching-Tour auf und hoffte, einen der Giganten der Meere zu Gesicht zu bekommen.
Nach zwei Stunden Fahrt hatten wir endlich Glück: Wir entdeckten (in einiger Entfernung zwar) einen etwa 10 m langen Pottwal. Ganz deutlich kann man einen Pottwal an seinem Blas erkennen, der pottwaltypisch nicht nach oben ausgestoßen wird, sondern leicht nach links versetzt aus dem Blasloch dringt. Als ein zweites Safariboot auftauchte, tauchte der Wal bald wieder ab.
Wie sich bald herausstellte, waren aber nicht nur die Walbeobachtungsboote unterwegs, sondern auch Walfänger, die zur gleichen Zeit Jagd machten auf einen Zwergwal (auch Minkwal genannt). Vielmehr – sie waren bereits erfolgreich. Als ich das Schiff entdeckte, zoomte ich es sofort mit meiner Kamera näher heran – und siehe da: An Bord befand sich – ein toter Wal …
Wir haben später vermutet, dass unsere Crew (aufgrund mitgehörter Gespräche) „den Braten längst gerochen“ hatte und uns diese Beutefischer eigentlich vorenthalten wollte; aber nach meinem Aufschrei: „Da hat einer einen an Bord“, konnten sie nicht aus, und wir nahmen Kurs auf den Jäger. In etwa 30 m Entfernung gingen wir längsseits.
Die Walfänger waren gerade dabei, das große Tier auszuweiden. Als die Touristen sich näherten, hielten sie jedoch inne. Erst als wir abdrehten, fuhren sie fort, den Wal zu zerlegen. Natürlich gab es nach diesem Vorfall Diskussionen an Bord des Walbeobachtungsbootes. Ich hoffe, dass die norwegische Crew die Proteste gegen den norwegischen Walfang an die Verantwortlichen weitergeben wird, zumal Walfang gegen das internationale Moratorium verstößt und somit illegal ist. Doch wie in diesen Tagen aus der Presse zu erfahren war, gibt Norwegen auch für diese Saison wieder 1.052 Zwergwale zum Abschuss frei …
Es hat keinen Sinn, das wunderschöne Norwegen aus Gründen des Walschutzes zu boykottieren. Im Gegenteil: Je mehr Walfreunde sich für Walsafaris interessieren, desto lukrativer wird dieses Geschäft für Touristenführer werden. Und vielleicht werden dann noch weitere ehemalige Walfangschiffe umgerüstet zu Walsafarischiffen.
Orcas (auch Schwertwale genannt), Pott- und Buckelwale kann man übrigens am besten in den Monaten November, Dezember und Januar antreffen. Das ist die Zeit, wenn die Heringsschwärme dort durchziehen oder ablaichen.