Berichte

Unsere Liebe zu Zoo- und Wildtieren


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Meeresakrobaten, 29. Dezember 2017

Zum Ende des Jahres möchte ich euch mit ein paar Gedanken konfrontieren, die mich immer wieder beschäftigen. Es geht um unsere viel gerühmte Tierliebe.

Eisbärbaby im Nürnberger Tiergarten (Foto: Rüdiger Hengl)

Wenn ein Tier einen Namen bekommt …

Mir ist Folgendes aufgefallen: Sobald ein Tier einen Namen bekommt, wird es quasi als Person wahrgenommen.

Man denke hier nur an den Löwen Cecil, der 2015 in Simbabwe von einem Touristen getötet wurde. In der westlichen Welt löste dies eine Welle der Empörung aus. Unbekannte verwüsteten das Ferienhaus des Jägers. Die Raubkatze wurde in Wikipedia verewigt.

Auch der Tod von Cecils Sohn Xanda, der in diesem Sommer von Trophäenjägern erschossen wurde, sorgte für Schlagzeilen.

Die im südlichen Afrika legale Jagd auf Großkatzen ist dadurch nicht weniger geworden. Laut Pro Wildlife ist Deutschland zusammen mit Spanien nach den USA Hauptimporteur von Jagdtrophäen bedrohter Arten …

Auch in Zoos sind Tiere, die einen Namen tragen, sehr beliebt. Viele Tierfreunde beteiligen sich eifrig an Namenswettbewerben, zu denen Zoos aufrufen. Auf diese Weise verankern sie den neugeborenen Eisbären, Delfin oder Tiger fest in ihrer Gefühlswelt.

Stirbt ein Tier, gehen die Wogen hoch

Doch was geschieht, wenn das „getaufte“ Tierbaby stirbt?

Als der vier Monate alte Eisbär „Fritz“ Anfang des Jahres im Berliner Tiergarten plötzlich starb, gingen die Wogen hoch, der Tiergarten musste sich Beschimpfungen gefallen lassen, die Medien schrieben Betroffenheits-Artikel.

Die Berliner Morgenpost schaltete einen Film über Fritz, der mit den Worten „Mach’s gut, Fritz“ endet.

Für den Eisbären Knut, der 2011 ebenfalls im Berliner Zoo verstorben ist, wurde sogar ein Denkmal erbaut.

Die zuletzt genannte Reaktion zeigt ganz deutlich, wie „menschlich“ wir mit Tieren umgehen, die von uns einen Namen erhalten haben: Wir widmen ihnen ein Denkmal, um mit unserer Trauer fertigzuwerden.

Sunny und Nami aus dem Nürnberger Tiergarten
(Foto: Rüdiger Hengl)

Im Fall von Fritz haben die Zoobesucher den kleinen Bären gar nicht gekannt. Er war noch nicht auf der Freianlage, sondern nur über Video zu sehen.

Namenlose Tiere haben keine Lobby

Auch im Kino oder Fernsehen sieht man Szenen von Jungtieren, die sterben – sei es, weil sie gejagt wurden, weil sie krank waren oder weil die Umweltbedingungen immer schlechter werden.

Diesen (namenlosen) Tieren wird kein Denkmal gesetzt. Wir haben das Ereignis auch schnell wieder vergessen.

Manche Dokus spielen allerdings gerne mit den Gefühlen der Zuschauer. Es wird eine Tierfamilie gezeigt und durch deren vermeintlichen Alltag geführt. Vater, Mutter und Kinder bekommen einen Namen. Und schon ist die Bindung eine ganz andere als in Dokus, bei denen die Hauptakteure anonym bleiben.

Stirbt gar der kleine „Buffy“ im Film, fließen die Tränen vor dem Bildschirm. Hätte Klein-Buffy allerdings in einem Zoo gelebt und wäre dort gestorben, so würden nicht nur die Tränen bei seinen Besuchern fließen, sondern es würde auch Proteste gegen den Zoo hageln.

Tier-Säuglinge im Zoo dürfen nicht sterben

Ein junges „getauftes“ Tier im Zoo darf nicht sterben – weil wir es besuchen wollen, weil es uns gut geht, wenn wir es sehen, weil Zoogegner sich sonst bestätigt fühlen, dass kein wildes Tier im Zoo gezeigt werden darf …

Vor allem Jungtiere wollen wir herumtollen, mit seiner Mutter schmusen oder aus großen Augen gucken sehen. Da geht uns das Herz auf.

Jungtiere auf Fotos lieben wir sehr.
(Screenshot: Susanne Gugeler)

Und wenn das Tier noch im Hintergrund gehalten wird, weil es erst seine Immunschwäche überwinden muss, fiebern wir auf den Tag hin, an dem es den Zuschauern endlich vorgestellt wird. „W i r haben einen Eisbären, ein Nashorn …“ oder Ähnliches kann man dann von den Besuchern hören. Und ihre Freude darüber steckt an.

Jungtiere können auch lästig sein …

Die Freude über junge Wildschweine, die Felder oder gar unseren Garten verwüsten, über kleine Biber, die den Boden untergraben, über Jungstare, die Häuserwände mit ihrem Kot verschmutzen, hält sich dagegen in Grenzen.

Diese Tiere lösen keine positiven Gefühle aus, weil sie uns als Zuschauer nicht auf Distanz Vergnügen bereiten, sondern weil sie negativ in unser Leben eingreifen.

Und was ist mit den gut genährten Freigänger-Katzen, die Jagd auf Vögel und Mäuse machen? Minka, Peterle & Co. lieben wir, aber die Vögel sind nun mal Opfer der Namenlosigkeit und ihr Schicksal wird mit der Phrase „Das ist eben die Natur“ … abgetan.

Wer sich über (meist namenlose) Jungtiere aller Art auf Distanz (nämlich auf Fotos) erfreuen will, darf gerne bei den Wutzels vorbeischauen. ;o))

Lesetipps

* Wie gefährlich leben Tiere im Zoo?
* Säugetiere leben länger in Zoos

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