Berichte

Besuch bei Senior-Delfin Moby


Themen:

Bericht über das Nürnberger Delfinarium von Susanne (Meeresakrobaten), 1. August 2002
(Letzte Aktualisierung am 25. Juni 2013, siehe Ende des Berichts)

Ich habe mir schon immer gewünscht, einmal hinter die Kulissen eines Delfinariums blicken zu dürfen. Und dieser Wunsch ging für mich am 17. Juli 2002 in Erfüllung. Bei einem sogenannten „Nachmittag mit Delfinen“, der in meinem Fall allerdings auf einen Vormittag fiel, ermöglicht der Tiergarten in Nürnberg interessierten Besuchern in Begleitung einer erfahrenen Delfintrainerin zu erleben, wie der Alltag für Mensch und Tier in einem Delfinarium aussieht.

Ein Blick in die „Delfinküche“

Punkt 11.30 Uhr werden wir (4 Erwachsene und 2 Kinder) von Gabi Voth am vereinbarten Treffpunkt vor dem Delfinarium abgeholt. Die sympathische Delfintrainerin wird uns die nächsten 2,5 Stunden durch das Gelände führen und uns sämtliche Fragen beantworten. Neben ihrer Fachkompetenz (Gabi arbeitet bereits seit ca. 20 Jahren im Nürnberger Delfinarium) stellt die „Delfinfrau“ auch ihre pädagogischen Fähigkeiten unter Beweis, denn es gelingt ihr vortrefflich, die beiden jüngsten Teilnehmer der Veranstaltung (ein Kleinkind und ein Kindergartenkind) zu beschäftigen und bei Laune zu halten. So bringt sie zum Beispiel den kleinen Maximilian – nach dessen anfänglichem Sträuben – doch tatsächlich dazu, in der „Delfinküche“ einen toten Fisch mit Süßwasser zu präparieren. Dies geschieht mithilfe einer Art Wasserpistole, die mit normalem Trinkwasser gefüllt wird. Vorne an der „Pistole“ befindet sich eine dünne Nadel, durch die das Wasser in den Fisch gespritzt wird.

Zur Erklärung: Delfine trinken nicht. Sie nehmen das lebensnotwendige Süßwasser nur über die Nahrung auf. Deshalb ist es wichtig, dass der Futterfisch immer einen genügend hohen Wassergehalt aufweist. Die Futtertiere (Makrele, Sprotten, Tintenfische) der in Gefangenschaft gehaltenen Delfine werden bis zu 3 Monate lang eingefroren und verlieren durch diese Maßnahme nicht nur lästige Parasiten, sondern auch Wasser. Und aus diesem Grund wird der reduzierte Wassergehalt bei einem eingefrorenen Fisch durch das Einspritzen von Trinkwasser wieder ausgeglichen.
Der Futterfisch wird – kurz bevor er dem Delfin zum Fressen gegeben wird – jedoch nicht nur mit Wasser „gefüllt“, sondern außerdem mit Vitaminpräparaten versehen, damit die Delfine auch in dieser Hinsicht keinen Mangel erleiden.


Moby und Eva

Während unserer Besichtigung des Delfinariums II (zu dem Besucher normalerweise keinen Zutritt haben) erzählt uns Gabi Voth viel über die beiden dort lebenden Senioren Moby und Eva. Moby ist mit seinen 44 Jahren der älteste in europäischen Delfinarien gehaltene Große Tümmler. Er bildet zusammen mit der etwa 30-jährigen Eva das Elternpaar aller in Nürnberg geborenen Jungdelfine. Früher haben die beiden Tiere noch beim Vorführprogramm der jüngeren Artgenossen mitgemacht. Ihre Ruhephasen nahmen im Lauf der Zeit jedoch einen immer größeren Teil ihres Tagesablaufs ein, sodass sie dann schließlich (mithilfe eines Tiefladers und einer Trage) vom Delfinarium I ins Delfinarium II gebracht wurden.

Das Delfinarium II dient jedoch nicht nur als „Altenheim“, sondern hin und wieder auch als „Kreissaal“ und „Kinderstube“. Gabi war bei der Geburt von Evas jüngster Tochter (das liegt nun etwa 4 Jahre zurück) dabei. Sie erzählt uns, wie spannend dieses Ereignis für sie war und wie sehr sie um das Leben des Delfinkalbs gebangt hat, bis dieses dann endlich nach vielen Stunden den ersten Schluck Milch bei seiner Mutter getrunken hat.


Mobys Nieren funktionieren seit einiger Zeit nicht mehr einwandfrei. Er bekommt daher zusätzlich zur Flüssigkeit, die sich im Futterfisch befindet, ab und zu (über einen Schlauch, den er gelernt hat, ein Stück weit zu schlucken) Fencheltee eingeflößt.

Eine außergewöhnliche Freundschaft

Nachdem wir einen Abstecher bei den Kalifornischen Seelöwen gemacht haben und den Bullen Mike streicheln und füttern durften, geht’s ins Delfinarium I – zum Vorführbecken. Dort leben 5 Große Tümmler (1 Bulle – Noah – und 4 Kühe – Naomi, Nynke, Jenny und Anke). Neben dem großen länglichen Vorführbecken gibt es noch ein zweites, etwas kleineres rundes Becken, in das die Delfine entschwinden können, wenn sie mal für sich sein wollen. Außerdem ist das Tor zum Seelöwenbecken meist geöffnet, was die Tiere zu gegenseitigen Besuchen gerne nutzen. Zwischen dem Seelöwenbullen Mike und der aus einem Schweizer Delfinarium stammenden Delfindame Jenny hat sich sogar eine dicke Freundschaft entwickelt, die sich dadaurch zeigt, dass die beiden Meeressäuger über lange Zeit eng aneinander geschmiegt ihre Runden drehen.

Ansprache – sei es von anderen Tieren oder von Menschen – ist sehr wichtig für die Delfine. Sie wollen immer gefordert werden, lernen gerne neue übungen und vergnügen sich mit Bällen, Stöcken, Ringen, Kanistern, Schläuchen und so genannten „Fischfallen“. Letztere sind große Plastikkanister, die mit Löchern versehen werden. Dort hinein gibt der Trainer bzw. die Trainerin Fische und stellt die Kanister dann am Beckenrand ab. Die Großen Tümmler schubsen ihre „Beute“ ins Wasser und angeln sich die Leckerbissen mit viel Taktik und Geschick aus der Plastikfalle.

9 Trainer/Trainerinnen kümmern sich abwechselnd um die Tiere und steigen auch hin und wieder – zum Beispiel, wenn die Beckenwände von Algen befreit werden müssen – zu den Großen Tümmlern ins Wasser. Blutabnahmen sowie Impfungen (gegen Pneumokokken und Rotlauf) erfolgen im Zusammenhang mit dem Dressurprogramm.



Große Planungen

Das Nürnberger Delfinarium gibt es schon seit 1971. Damit die dort lebenden Delfine und Seelöwen einen noch größeren Bewegungsfreiraum bekommen, wird bis 2006 eine Freibeckenanlage – die Lagune 2000 – gebaut werden. Sie soll 50 m lang und 6 m tief werden. Aus Spenden- und Finanzmitteln der Stadt Nürnberg ist dieses millionenschwere Projekt allerdings nicht zu verwirklichen. Deshalb wird das Vorhaben auch noch vom Land Bayern mitgetragen.

Kann ein Delfin behinderten Kindern helfen?

Im Nürnberger Delfinarium wird viel Forschung betrieben. Seit ca. 3 Jahren läuft zum Beispiel ein Therapieprojekt, das Aufschluss darüber geben soll, was an den oft vermuteten Heilkräften, die offenbar von Delfinen ausgehen (siehe hierzu auch die Seiten vonDelphintherapieDolphin-Aid und Tanjas Homepage zur Delfintherapie), objektiv gesehen, dran ist. Das Forschungsprojekt, das in Zusammenarbeit mit der Uni Würzburg unter der Leitung von Dr. Erwin Breitenbach läuft, soll im Jahr 2006 abgeschlossen werden.

So sieht die Delfintherapie in Nürnberg aus: Autistische und andere körper- bzw. geistigbehinderte Kinder werden in einem 20-minütigen übungsprogramm mit den Großen Tümmlern in Kontakt gebracht. Diese Interaktion wird mit Videokameras aufgenommen. Die behinderten Kinder sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Es gibt einmal die so genannte „Familiengruppe“, in der die Kinder zusammen mit ihren Familienangehörigen eine Art einwöchigen Urlaub mit den Delfinen erleben. Als Kontrollgruppe dient die „Muschelgruppe“. Hier kommen die Kinder einmal in der Woche zusammen mit ihren Lehrern wie zu einer Art Schulstunde ins Delfinarium und absolvieren das gleiche übungsprogramm wie die Kinder aus der Familiengruppe.

Anhand der Kontrollgruppe soll festgestellt werden, ob die zu beobachtende positive Veränderung bei den behinderten Mädchen und Jungen – die auch von den Bezugspersonen der Kinder bestätigt wurde – ausschließlich vom Kontakt mit den Tieren herrührt oder ob der Therapieerfolg auch maßgebend davon abhängt, dass die engsten Bezugspersonen bei den übungen mit anwesend sind.
Da alle Begegnungen zwischen den Kindern und den Delfinen gefilmt werden, kann eine objektive Interpretation dieser Interakionen gewährt werden.
Nicht jeder Delfin eignet sich gleich gut für die Therapie. Es hat sich mit der Zeit herausgestellt, dass das Delfinweibchen Anke sehr gutmütig auf tastende Kinderhände reagiert und sich gerne auch um die kleinen Besucher kümmert.

Rechtzeitig anmelden!

Mit diesem Blick (bzw. diesen Blicken) in die Zukunft des Nürnberger Delfinariums sowie einer Vorführung von Seelöwen und Großen Tümmlern endet der Besuch bei meinen Lieblingstieren. Und ich sage nicht nur „Danke, Anke“ für deine sanftmütige Art, mit behinderten Kindern umzugehen, sondern ich spreche auch Gabi Voth meine große Anerkennung für die sehr interessante Führung hinter die Kulissen des Nürnberger Delfinariums aus.

Weitere Informationen über einen „Nachmittag mit Delfinen“ im Tiergarten Nürnberg. Wichtig: Frühzeitig anmelden!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert