Berichte

Camogli und die Delfine


Themen:

Meeresakrobaten/7. April 2008

Um es gleich vorwegzunehmen: „Camogli und die Delfine“ handelt nicht von einem Kind, das von einem Delfin gerettet wird, und es geht auch nicht um eine Erzählung für Leseanfänger.

Hafen von Camogli (Foto: Rüdiger Hengl)

Portus Delphini

Camogli ist eine Stadt in Italien; sie gehört zur Region Ligurien und liegt zwischen Genua und der Cinque Terre, unmittelbar vor der Halbinsel Portofino.

„Portofino“: Da kommen einem automatisch Assoziationen in Richtung „Delfin“ in den Sinn. Und da sind wir schon beim Thema. Camogli bzw. Portofino hatten früher durchaus etwas mit den Meeressäugern zu tun. Portofino wurde vom lateinischen Portus Delphini – Hafen der Delfine – abgeleitet. Noch im letzten Jahrhundert gab es in dieser Gegend sehr viele Delfine. Leider war die Beziehung zu den Meeresakrobaten nicht immer nur herzlich. Denn Delfine wurden im heutigen sogenannten „Parco Naturale Regionale“ getötet und gegessen.

Delfin-Fang in Italien

In Camogli gab es sogar eine Delfin-Delikatesse namens „Musciame“. Sie bestand aus luftgetrockneten Delfin-Filets. „Für die korrekte Zubereitung mussten die Filets am Mast eines Fischerbootes befestigt sein; angeblich gaben die Schläge gegen den Mastbaum den Stücken Konsistenz und Eigengeschmack. Der Delfin-Fang ist heute verboten.“ (Zitat aus „Cinque Terre“ von Christoph Hennig)

Kein Delfinfang mehr (Foto: Rüdiger Hengl)

Es wird nur noch Jagd auf Fische gemacht (Foto: Rüdiger Hengl)

Camogli zählte im 19. Jahrhundert zu den bedeutendsten Seefahrer-Städten Europas. Der Ort besaß vorübergehend nahezu 1.000 Schiffe – etwa doppelt so viel wie Hamburg oder Genua.

Wunderschöner Fischerort

Zum Glück ist man heute in Italien nicht mehr darauf angewiesen, Delfine zu töten und ihr Fleisch zu essen. So gibt es auch in Camogli wie überall im Mittelmeer-Land leckere Fisch-Speisen, Pizza oder Bruschetta. Als große Delfin-Freundin konnte ich das wunderschöne Fischerörtchen in meinem diesjährigen Osterurlaub also ganz entspannt genießen …

Statt Whale-Watching zu Napoleon

Mit Delfinen sah es Ende März mau aus. Nach einem heftigen Sturm (offenbar der stärkste seit 50 Jahren) am 21. März 2008 war das Meer so aufgewühlt, dass auch in den folgenden Tagen keine Ausflüge stattfanden. Fernab von San Remo oder Imperia (meinen Whale-Watching-Standorten in den letzten sieben Jahren) wollte ich mich an die italienische Walschutz-Gesellschaft CETUS in Viareggio wenden, um nach dem nächsten Whale-Watching-Termin zu fragen. Doch es war dort niemand telefonisch zu erreichen, sodass Rüdiger, Chicco und ich kurzerhand umdisponierten.

Elba (Foto: Rüdiger Hengl)

Das Wetter hatte sich bis zum 27. März 2008 beruhigt, sodass einer Schifffahrt nichts im Wege stand. Allerdings bestiegen wir an diesem Tag kein Whale-Watching-Boot, sondern eine Fähre nach Elba. Während der etwa einstündigen Überfahrt von Piombino nach Portoferraio ließ sich zwar kein Delfin blicken, aber die „Napoleon-Insel“ hatte viel zu bieten! Im Reisebüro von Portoferraio erzählte uns eine nette Angestellte von den drei Buckelwalen, die vor einem Jahr im Hafen – fast direkt vor ihrer Haustüre – gesichtet wurden.

Größtes Aquarium in Europa

Auch in Genua blieb das Whale-Watching-Boot im Hafen liegen. Doch auf Delfine musste ich trotzdem nicht ganz verzichten. Im größten Aquarium Europas besuchte ich die beiden dort lebenden Großen Tümmler. Das Becken, in dem sie gehalten werden, zieht sich über zwei Stockwerke. Der Besucher hat die Möglichkeit, die Tiere auf zwei Plattformen durch eine riesige Glasscheibe zu beobachten. Das Becken ist nicht überdacht. Somit können die Großen Tümmler die Veränderungen des Wetters sowie Tag und Nacht erleben. Auf einer Informationstafel erfährt man, dass den Delfinen offenbar insgesamt drei Becken zur Verfügung stehen, von denen nur eines für die Öffentlichkeit einsehbar ist. Dort steht auch, dass die beiden Tiere frei entscheiden könnten, wo sie sich aufhalten wollen.

Whale-Watching-Boot in Genua (Foto: Rüdiger Hengl)

Die Betreiber des Aquariums rühmen sich damit, dass die Delfine in Genua keine Kunststücke vorführen müssten wie in anderen Delfinarien. Diese vermeintlich positive Abhebung von anderen Einrichtungen sehe ich jedoch eher negativ. Große Tümmler sind hoch-intelligente Tiere (was aus der langjährigen Erfahrung mit in menschlicher Obhut gehaltenen Delfinen hinlänglich bekannt ist), die meiner Meinung nach unbedingt Beschäftigung brauchen. Deshalb finde ich, dass eine Vorstellung vor Publikum den Tieren nicht schadet – sofern es sich dabei nicht um eine vermenschlichende Show handelt.

Gelungener Urlaub

Auch wenn ich 2008 keine Delfine in ihrem natürlichen Lebensraum gesehen habe, war der Urlaub mehr als gelungen. Jeden Tag hatte ich die Möglichkeit, meine Blicke übers Mittelmeer schweifen zu lassen – sei es von unserem tollen Quartier aus oder auf herrlichen Wanderungen im Gebiet der Cinque Terre.

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