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Sind Delfinariengegner Aas-Esser?


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Meeresakrobaten/23. Juli 2015

Zugegeben, das ist eine etwas gewagte Frage bzw. Formulierung. Aber sie muss gestattet sein, wenn man die Behauptung ad absurdum führen will, dass Delfine in Nürnberg mit Aas gefüttert würden. Diese Aussage stammt nicht etwa von unwissenden Kindern, sondern von sich als seriös ausgebenden Wal- und Delfinschutz-Organisationen!

Gänsegeier mit stark verwestem Aas (Foto: Wikipedia/https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Ladypine)

Gänsegeier mit stark verwestem Aas
(Foto: Wikipedia/https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Ladypine)

So hieß es nämlich in einem aktuellen Beitrag der WDC/München: „In freier Wildbahn jagen Delfine ihre Nahrung. In einem Delfinarium werden sie gezwungen Aas (also toten Fisch) zu essen.“

Dieser Satz war mehrere Tage lang auf der offiziellen Website der WDC zu lesen. Erst nachdem Rüdiger Hengl bei der WDC Kritik übte, wurde der Satz geändert in „In freier Wildbahn jagen Delfine ihre Nahrung. In einem Delfinarium werden sie gezwungen toten Fisch zu essen.“

Erst nach Kritik wurde Satz geändert

Danke an Rüdiger für die Kritik, die offenbar gefruchtet hat. (Dass Rüdiger schon mehrfach Ungereimtheiten in von Delfinschutz-Organisationen aufgestellten Behauptungen aufgedeckt hat, kannst du auf seiner Website nachlesen.)

Allerdings finde ich es von einer international agierenden Organisation sehr „bescheiden“ (um es mal vorsichtig auszudrücken), mit einer derart irreführenden Information an die Öffentlichkeit zu treten.

Sollten mit dieser spektakulär klingenden, aber nicht angebrachten Wortwahl etwa Spender gefunden werden, die solche Behauptungen ungeprüft hinnehmen? Schließlich handelt es sich ja um eine gemeinnützige Organisation, die auf das Vertrauen ihrer Anhänger zählen kann … Meiner Meinung nach wird dieses Vertrauen durch solche Aktionen jedoch missbraucht.

Delfine bekommen mitnichten verwesenden Fisch

Wenn dem tatsächlich so wäre und Delfine – so wie in der ursprünglichen Definition der WDC/München verwendet – Aas als Fressen angeboten bekämen, so würden alle in menschlicher Obhut lebenden Tiere (auch Haustiere) Aas zum Fressen bekommen. Und der Mensch selbst natürlich auch …

Unter Aas versteht man landläufig verwesendes Fleisch. Der Fisch, den die Delfine in Nürnberg bekommen, hat erstklassige Qualität und stammt aus zertifizierter, nachhaltiger Fischerei.

(Auch der Duisburger Zoo verfüttert an seine Delfine nur frisch eingefrorenen Fisch. Mehr dazu erfährst du auf der Website des Delfinariums.)

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Definition von Aas bei Wikipedia: „Unter Aas oder Kadaver (lat.: cadaver) versteht man den toten Körper eines Tieres, wenn er in den Zustand der Verwesung übergegangen ist[1] und noch nicht der Natur entnommen bzw. unmittelbar gefressen worden ist.“
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Futterfisch (Foto: Susanne Gugeler)

Futterfisch (Foto: Susanne Gugeler)

Die verfütterten Fische sind wenig schadstoffbelastet

Die in den Delfinarien verfütterten Fische stammen aus wenig schadstoffbelasteten Regionen des Nordatlantiks.

Untersuchungen ergaben, dass die in Delfinarien gehaltenen Meeressäuger weniger Quecksilber im Blut aufwiesen als ihre Artgenossen im offenen Meer (siehe dazu Meeresakrobaten-Beitrag vom 22. Mai 2012).

Aber darüber schreiben die sogenannten „Delfinschutz“-Organisationen natürlich nichts. Das könnte das Vorurteil ihrer Spender aufbrechen …

Auch eine andere Organisation bedient sich der „Aas-Variante“

Auch das WDSF/Hagen bedient sich der Aas-Variante, wenn es um die Gabe von Futterfisch geht. So schreibt Jürgen Ortmüller (Vorsitzender der Ein-Mann-Organisation Wal- und Delfinschutz-Forum) in einer Pressemitteilung vom 11. Juli 2015: „Im Meer regeln die Delfine ihren Flüssigkeitshaushalt durch das Fressen von lebendenden (Anmerkung Meeresakrobaten: Schreibfehler ist original in der Pressemitteilung enthalten) Fischen und die meisten von ihnen verpönen toten Fisch, den sie als Aas betrachten.“

Hat Herr Ortmüller womöglich ein Interview mit den in freier Wildbahn lebenden Monkey-Mia-Delfinen geführt und sie gefragt, ob sie den Fisch der ihnen aus Menschenhand gefüttert wird und den sie äußerst gerne annehmen, als Aas betrachten?

Beggar ist gestorben. (Photo:Sarasota Dolphin Research Program, taken under NMFS Scientific Research Permit No. 15543)

Delfine nehmen gerne toten Fisch an. (Photo:Sarasota Dolphin Research Program, taken under NMFS Scientific Research Permit No. 15543)

In der Shark Bay in Westaustralien musste das Angebot an totem Fisch bereits reduziert werden, da die Delfine sonst das eigenständige Fischen verlernen bzw. ihre Jungtiere nicht darin unterrichten, wie man lebenden Fisch fängt.

Auch ist bekannt, dass sich Große Tümmler und andere Walarten gerne gütlich tun an Fischernetzen oder Fischfarmen, weil sie dort „billig“ und vor allem mit sehr wenig Energieaufwand an die begehrte Nahrung kommen. Wohlgemerkt – auch hier handelt es sich um toten Fisch, den die Meeressäuger gerne annehmen.

Disqualifizierende Aussagen

Auch die Behauptung, die Delfine würden „gezwungen“, toten Fisch zu fressen, ist nicht haltbar. Kein Delfin in Nürnberg oder Duisburg wird gezwungen, sondern die Tiere nehmen einmal mehr und einmal weniger Nahrung zu sich, ganz nach Tagesverfassung.

Da auch dem WDC bekannt sein dürfte, dass in Deutschland die Gabe von Lebendfutter an Zootiere verboten ist, wundere ich mich sehr über solche Aussagen. Ob wohl diejenigen WDC-Mitarbeiter, die einen Hund besitzen, jeden Tag mit ihrem Vierbeiner auf die Jagd gehen, damit dieser sein Raubtiergebiss tiergerecht einsetzen kann? Ich glaube kaum …

Derart disqualifizierende Aussagen von vermeintlichen Tierschutz-Organisationen lassen mich den Glauben an deren Seriosität verlieren und erwecken bei mir den Eindruck, als ob hier „Aasgeier“ am Werke wären, die sich über die Spenden gutgläubiger Anhänger hermachen …

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Große Tümmler sind Anpassungskünstler

2 Kommentare

  1. Auch wenn das WDC die ursprüngliche Aussage geändert hat, ist die Aussage „…werden sie gezwungen toten Fisch zu essen“ noch immer falsch. Würde sie stimmen, dann würden beispielsweise auch Kinder gezwungen, Gemüse essen zu müssen, wo sie doch Smarties weitaus lieber mögen, oder generell Menschen und Haustiere, wenn sie tote Tiere essen müssen bzw. Pflanzen, die zu keinen Stoffwechselleistungen mehr in der Lage sind. Sobald jemand isst, wird er „gezwungen“, das zu essen, was ihm zur Verfügung steht.

    Und noch eine andere Sache stößt mir gewaltig auf: Da schaltet der Campaigns and Project Officer des WDC den „gesunden Menschenverstand“ aus und bezieht sich auf die „Aas“-Definition aus dem Duden, allerdings nur auf eine Teil-Definition, nämlich b) Fleisch verendeter Tiere. Auf die erste Definition des Duden a) [verwesende] Tierleiche, Kadaver geht er gar nicht ein. Das passt ja auch nicht in sein Bild.

    Es ist schon auffallend, wie auf manipulative Weise Zitate gekürzt oder verändert wiedergegeben werden, wohl mit dem Hintergrund, potentielle Spender emotional noch mehr zu beeinflussen. Das führt aber letztendlich dazu, dass (zumindest ich!) keiner Tierschutz-Organisation mehr traue, deren Arbeit ich nicht persönlich kenne.

    geschrieben von Rüdiger
  2. Komisch aber auch, dass Delfine, die nach kurzer Zeit im Delfinarium wieder ausgewildert werden sollen (z.B. nach einer Strandungsrettung) lebenden Fisch erst einmal beharrlich ignorieren, bis sie irgendwann kapieren, dass es für sie keinen anderen mehr gibt.

    In Haderwijk leben sogar Fische (in Futterfischgröße) mit den Delfinen in einem Becken (sind dort von Vögeln als Laich oder Larven eingeschleppt worden), ohne von den Meeressäugern behelligt zu werden. Es gab sogar Fälle, in denen Delfine Fische gefangen haben (weil sie sich zu sehr für den Behälter mit dem Delfinfutter interessiert haben); diese wurden dann aber nicht gefressen, sondern vom Delfin weggeschleudert.

    Für mich wirkt das dann doch irgendwie so, als würden die Delfine frischen Futterfisch (nach einer kurzen Gewöhnung) lebendem Fisch eindeutig vorziehen.

    geschrieben von Norbert

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