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Nürnberg schneidet gut ab


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MEERESAKROBATEN/3. Juli 2011
In ihrer aktuellen Kampagne fordert die Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS/München, dass alle Delfinarien in der EU ihren Betrieb einstellen sollen. Auch wenn ich strikt gegen den Import von Wildfängen und gegen die Degradierung von Delfinen zu Clowns bin, so denke ich andererseits, dass es sich die WDCS da etwas einfach macht. Bei Delfinarien gibt es nämlich qualitativ große Unterschiede.

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Die WDCS hat Delfinarien in Europa begutachtet.
(Foto: Susanne Gugeler)

Große Unterschiede in der Delfinhaltung

Ich habe mir dazu den von der WDCS erstellten Bericht über „DELFINARIEN in Europa“ durchgelesen und bin zu der Überzeugung gekommen, dass die Negativ-Bewertungen, die hier an europäische Delfinarien vergeben werden, auf deutsche Delfinarien nicht zutreffen. Leider macht die WDCS keinen Unterschied zwischen den Delfinarien, sondern fordert lediglich, alle Delfinarien in Europa zu schließen.


Aktuelle Zahlen

Doch zunächst einmal möchte ich mich bei der WDCS für die aktuelle Auflistung der in Europa gehaltenen Delfine bedanken. Die letzten Informationen, die mir vorliegen, stammen von der Bundesregierung aus dem Jahr 2006 (siehe dazu auch meine Kommentare „Wildfänge in deutschen Delfinarien?“ und „Delfine in Deutschland“).

Bezogen auf Große Tümmler (von den anderen Walarten liegen mir keine älteren Daten vor), hat sich die Zahl der in europäischen Delfinarien gehaltenen Tiere innerhalb von vier Jahren um 28 erhöht (2006: 230, 2010: 258). Wie viele von diesen Delfinen Wildfänge sind und wie viele aus Nachzuchten stammen, geht aus der Auflistung der WDCS leider nicht hervor. In deutschen Delfinarien stammen alle dort gehaltenen Wildfänge aus der Gründungszeit der Delfinarien und liegen mehrere Jahrzehnte zurück.

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Delfine sind nicht nur an Menschen interessiert.
(Foto: Susanne Wißhak)


Nürnberg schneidet gut ab

Auch zu den weiteren Ergebnissen, zu denen die WDCS mithilfe 26 anderer NGOs im oben genannten Bericht gekommen ist, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Ein Großteil meiner Argumente bezieht sich dabei auf das Nürnberger Delfinarium, welches ich persönlich kenne. Aber auch über einige Delfinarien in Europa liegen mir Informationen vor, die ich hier einfließen lassen möchte. Mich hat es sehr gefreut, dass das Nürnberger Delfinarium im Vergleich zu anderen europäischen Delfinarien sehr gut abschneidet, wenn man den von der WDCS (und 26 anderen NGOs) erstellten Kriterienkatalog zugrunde legt.


„Schwimmen mit Delfinen“ und anderes

Die WDCS wirft den europäischen Delfinariumsbetreibern vor, dass sie „Schwimmen mit Delfinen“, delfingestützte Therapien oder kostenpflichtige Souvenirfotos anbieten würden.

MEERESAKROBATEN: In Nürnberg wird nicht mit Delfinen geschwommen und es gibt auch keine kostenpflichtige Souvenirfotos. Die delfingestützte Therapie soll (nachdem eine Studie positive Ergebnisse gebracht hat) allerdings in Zukunft in Nürnberg ausgebaut werden, was meiner Meinung nach nicht verwerflich ist.

Es werden nur Delfine eingesetzt, die sich für diese Therapie eignen – so ist das auch bei der hunde- und bei der pferdegestützten Therapie. Dass von Delfinen eine große heilende Kraft ausgehen kann, wurde im aktuellen TV-Beitrag von ARTE bestätigt (siehe MA-Beitrag vom 01.07.2011).

Selbst im von vielen Delfinschützern gerühmten Dolphin Reef in Eilat/Israel wird eine delfingestützte Therapie angeboten, die auf einer freiwilligen Teilnahme der Tiere basiert.


Arterhaltung, Forschung und Aufklärung

Die WDCS schreibt, dass alle Delfinarien (mit einer Ausnahme) in Europa den Bestimmungen für Zoos (gemäß der Definition der Zoo-Richtlinie) unterlägen und daher den Auftrag hätten, zur Arterhaltung, Forschung und Aufklärung der Öffentlichkeit beizutragen, um so den Schutz der betreffenden Arten zu fördern.

MEERESAKROBATEN:
* Zum Punkt Arterhaltung: Das Nürnberger Delfinarium unterstützt seit vielen Jahren die Organisation Yacu Pacha, die sich der Arterhaltung von wasserlebenden Säugetieren in Südamerika widmet.

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Die meisten Forschungsergebnisse
über Delfine stammen aus Delfinarien.
(Foto: Rüdiger Hengl)

* Zum Punkt Forschung siehe zum Beispiel Abhandlung zur Intelligenz von Großen Tümmlern: „Noah kann rechnen“ oder zur delfingestützten Therapie.

Eine ganz aktuelle Forschungsstudie gibt es übrigens aus dem Delfinarium in Kolmarden/Schweden: „Delfine lassen sich von Doppel-Echolot leiten“.

Im Fjord- und Beltzentrum in Dänemark wird seit Jahren erforscht, wie Schweinswale vor Fischernetzen geschützt werden können, damit es endlich zu einer Reduzierung der immens hohen Beifangzahl in europäischen Gewässern kommt (siehe dazu auch Greenpeace-Magazin 3/07).

Angehende Biologen erwerben ihr Wissen zum großen Teil in zoologischen Gärten (siehe Jürg Meier, „Handbuch Zoo“, Haupt Verlag, 2009).

* Zum Punkt Aufklärung der Öffentlichkeit: Im Nürnberger Delfinarium wird im Unterwassergang ausführlich über Delfine (und Wale) informiert. Es gibt viele Fakten, Grafiken, Modelle, Fotos und Skelette zum Thema Delfine. Die Info-Tafeln sind sogar in Blindenschrift übersetzt. Vor und während der Vorführung (die bis 26. Juni 2011 gezeigt wurde) gab es u.a. eine Aufklärung über die Bedrohungen, denen Delfine ausgesetzt sind. Die Trainer machten das Publikum außerdem mit anatomischen Besonderheiten der Großen Tümmler vertraut.


Verbesserung der Tierhaltung

Die WDCS wirft den Betreibern von Delfinarien vor, dass sich der Großteil der gegenwärtigen tierbezogenen Forschung in Zoos nur mit Fragen der Tierhaltung (Verhalten, Gestaltung der Haltungsumwelt, Ernährung und Fortpflanzung in Gefangenschaft) befassen würde.

MEERESAKROBATEN: Was ist dagegen einzuwenden? Meiner Meinung nach sollte das für alle Zootiere gelten, damit die Haltung von wilden Tieren in menschlicher Obhut immer weiter optimiert wird …

Forschung ist recht teuer. Daher wird in deutschen Delfinarien auch nicht munter drauflos geforscht, sondern die wissenschaftliche Arbeit hängt von der Finanzierung des jeweiligen Projekts ab. Da könnten die Delfinschutzorganisationen mal etwas von ihren Spendengeldern fließen lassen. Ich bin überzeugt davon, dass alle drei Zoos in Deutschland, in denen gegenwärtig Delfine gehalten werden, liebend gern ganz viel Forschung betreiben würden, wenn sie ein Budget dafür hätten.

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Nynke und ihr 2010 geborener Sohn Kai
(Foto: Tiergarten Nürnberg)

„Alle Zoos – und seien sie noch so wohlhabend – haben mehr Aufgaben zu bewältigen, als Geld zur Verfügung steht.“ (Jürg Meier, „Handbuch Zoo“, Haupt Verlag, 2009)


Natürliches Verhalten

Die WDCS behauptet, dass kein in der EU in Gefangenschaft gehaltener Wal oder Delfin die Möglichkeit hätte, sein natürliches Verhalten auszuleben.

MEERESAKROBATEN: Das ist richtig, doch das gilt für alle Tiere, die in Zoos gehalten werden. Zum natürlichen Verhalten gehört das Jagen, das Sich-Fortpflanzen mit einem selbst ausgesuchten Partner zu einem selbst bestimmten Zeitpunkt, das Pflegen von sozialen Kontakten in einer selbst ausgewählten Gruppe usw. Auch Haustiere – ich denke da vor allem an Hunde – haben in deutschen Haushalten leider oft nicht die Möglichkeit, ihr natürliches Verhalten auszuleben (siehe dazu meinen Vergleich von Hunde- und Delfinhaltung vom 5. Juni 2011).


Gehege

Die WDCS wirft den Delfinarien in der EU vor, dass diese den biologischen Bedürfnissen der gefangen gehaltenen Waltiere nicht nachkommen und keine artgerechte Ausgestaltung der Gehege bieten würden.

MEERESAKROBATEN: In Nürnberg ist die Ausgestaltung des Geheges gerade erfolgt mit dem Bau der Lagune …


Entnahme aus der freien Wildbahn

Die WDCS schreibt, dass die Entnahme von Walen und Delfinen aus der freien Wildbahn sowohl die Arterhaltung als auch das Wohlergehen der Tiere gefährden würde und dem Artikel 4 des Washingtoner Artenschutzabkommens widerspräche.

MEERESAKROBATEN: Dem schließe ich mich uneingeschränkt an. Es darf keine Wildfänge mehr geben.

Die letzten Wildfänge, die nach Nürnberg kamen, wurden 1961 (Moby) und 1986 (Jenny) in freier Wildbahn geboren. Auch die 28-jährige Nynke, die derzeit im Delfinarium von Harderwijk/Niederlande untergebracht ist, stammt noch aus freier Wildbahn. Die vier anderen Großen Tümmler, die in Nürnberg gehalten werden, wurden in Zoos geboren.

Ebenfalls vier von sechs Delfinen im Duisburger Delfinarium wurden in Zoos geboren. Einer davon bereits in der zweiten Generation. In allen deutschen Delfinarien werden derzeit insgesamt 16 Große Tümmler gehalten. 12 von ihnen wurden in Zoos geboren (Quelle: Nürnberger Tiergarten).

Nachtrag April 2012: Mittlerweile leben in Duisburg 9 Große Tümmler. 7 davon wurden im Zoo geboren, 3 davon sind sogar Nachzuchten in der zweiten Generation. Insgesamt leben zurzeit 20 Große Tümmler in deutschen Tiergärten. Davon sind 15 (!) Nachzuchten.

Nachtrag März 2013: Nachdem das Münsteraner Delfinarium Anfang des Jahres geschlossen wurde, leben derzeit noch 16 Große Tümmler in den Tiergärten Nürnberg und Duisburg. 11 davon sind Nachzuchten. Siehe auch 11 von 16 Delfinen sind Nachzuchten.

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Am Rio Negro werden wild lebende
Flussdelfine von Einheimischen und
Touristen angefüttert.
(Foto: Ursula und Günther Hillesheim)


Nachahmung

Die WDCS mahnt, dass bestimmte Aktivitäten von Delfinarien Besucher zur Nachahmung mit frei lebenden Waltieren verleiten könnten, was eine Gefahr für beide Seiten darstellen würde. Die Organisation bezieht sich dabei auf Shows, in denen Trainer bei den Delfinen im Wasser sind, und interaktive Programme wie „Schwimmen mit Delfinen“. Diese Veranstaltungen könnten die Menschen dazu verleiten, sich frei lebenden Delfinen und Walen auf ähnliche Weise zu nähern. Überdies würden Trainer die Delfine während einer Show füttern, meist als Belohnung für ein Kunststück. Auch Delfinariumsbesucher würden manchmal dazu eingeladen, die Delfine zu füttern. Beides könnte Besucher veranlassen, auch in der Natur auf Waltiere zuzugehen und sie zu füttern, womit wiederum beide Seiten einer erheblichen Gefahr ausgesetzt werden.

MEERESAKROBATEN: Da sehe ich eine viel größere Gefahr bei Whale-Watching-Touren. Touristen bekommen zum Beispiel mit, dass (wilde!) Delfine vor Fischzuchten von Mitarbeitern gefüttert werden. Gefahren bestehen auch bei sogenannten Delfinschwimmprogrammen, wie sie beispielsweise von OCEANO-Reisen auf den Bahamas angeboten werden. Außerdem verleiten im Fernsehen gezeigte Dokumentationen oder im Internet ausgestellte Video-Filme dazu, mit frei lebenden Delfinen zu schwimmen. Auch aus Presse und Fernsehen bekannte Tierfotografen, wie Andreas Kieling, schreiben auf ihrer Homepage, wie sie beobachtet haben, dass Einheimische Delfine füttern („Am Zusammenfluss von Amazonas und Rio Negro, Richtung kolumbianische Grenze, erfüllt sich für Andreas Kieling endlich ein lang ersehnter Wunsch. Einheimische haben Flussdelfine an sich gewöhnt und füttern die Tiere regelmäßig.“ – Quelle: Andreas Kieling – Abenteurer und Tierfilmer)

Außerdem denke ich, dass die Menschen (oft sind es Familien mit mehreren Kindern), die ein Delfinarium in Deutschland besuchen, nicht mit Walen und Delfinen in freier Wildbahn in Kontakt kommen. Eine Tour zu den Meeressäugern ist nämlich um einiges teurer als ein Besuch im Delfinarium (von der kostspieligen – und umweltfeindlichen – Anreise einmal abgesehen).


Streifgebiet

Die WDCS gibt zu bedenken, dass
* … Große Tümmler Streifgebiete von bis zu 300 km² Größe hätten und innerhalb von 20 Tagen bis zu 1.076 km zurücklegen könnten.

* … Wale und Delfine fast immer in Bewegung wären, sogar wenn sie rasten würden. Sie verbrächten weniger als 20 % ihrer Zeit an der Wasseroberfläche und bei vielen Arten läge dieser Wert weit darunter.

* … sie in einer vorwiegend akustischen Welt leben würden und Top-Prädatoren wären.

MEERESAKROBATEN:
* Auch die in freier Wildbahn lebenden Artgenossen anderer Zootiere haben immens große Streifgebiete, die sie durchlaufen (durchschwimmen), um an Nahrung zu gelangen. (Siehe zum Beispiel aktuellen Artikel von spiegel.online „Tanz in den Tod“. Dort wird von Sardinen berichtet, die eine Strecke von 1.000 km zurücklegen.) Menschen können ebenfalls riesige Entfernungen innerhalb einer kurzen Zeit überwinden (z.B. Marathon-Lauf). Das heißt aber noch lange nicht, dass alle Menschen dies tun.

* Es ist bekannt, dass Delfine immer in Bewegung sein müssen (so wie Fische auch), da sie sonst untergehen und ersticken würden. Außerdem legen sie die großen Strecken nicht aus Jux und Dollerei zurück, sondern weil sie auf der Suche nach Nahrung oder nach einem Partner sind. In Delfinarien fällt die Nahrungs- und Partnersuche weg.

* Wie sich Delfine in ihrer akustischen Welt orientieren, haben erst vor kurzem die im Delfinarium Kolmarden/Schweden durchgeführten Forschungen der Biologin Josefin Starkhammar gezeigt (siehe oben Punkt Forschung). Diese beweisen, dass Große Tümmler sehr wohl in Delfinarien kommunizieren, obwohl oft behauptet wird, dass Delfine, die in menschlicher Obhut gehalten werden, ihre Kommunikation einstellen würden …

* Delfine sind Top-Prädatoren. Das heißt, sie fressen noch lebende Tiere. Man weiß jedoch von Waltieren, dass sie auch gerne die Netze von Fischern plündern, um an die (bereits tote) Nahrung zu gelangen. Auch wirken Fische am Angelhaken auf die Meeressäuger wie eine Aufforderung zum Spiel (siehe Basler Zeitung vom 17. Juli 2009). Wie andere Tiere (und der Mensch) auch gehen Waltiere den geringsten Weg des Widerstandes, wenn es um den Beuteerwerb geht, zumal sich dieser im offenen Meer durch die Überfischung immer schwieriger gestaltet.

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Delfine und Seelöwe im Delfinarium Münster
(Foto: Zoo Münster)


Intelligenz

Die WDCS schreibt, dass Waltiere sehr intelligent seien und ein Ichbewusstsein bis hin zur Fähigkeit, sich im Spiegel selbst zu erkennen, zeigen würden.

MEERESAKROBATEN: Der Spiegel-Test stammt aus einem Delfinarium. Schon eigenartig, dass sich die WDCS hier einer Forschungsstudie bedient, die mit in menschlicher Obhut gehaltenen Delfinen durchgeführt wurde, obwohl die WDCS behauptet, in Delfinarien würde zu wenig Forschung betrieben und Delfinarien gehörten abgeschafft …

Mehr zur Intelligenz von Delfinen, aber auch zum sehr schlauen Verhaltensrepertoire anderer Tiere (Krähen, Kraken, Affen usw.) unter MEERESAKROBATEN-Anatomie.


Gestrandete Waltiere

Die WDCS schreibt, dass abgesehen von Waltieren, die an den Küsten der EU gestrandet waren und nach kurzzeitiger Rehabilitation in Gefangenschaft wieder in die Freiheit entlassen wurden, es seit Anfang der 1990er-Jahre kein Beispiel mehr für einen Wal oder Delfin gegeben hätte, der aus einem EU-Delfinarium in die freie Wildbahn gebracht worden ist.

MEERESAKROBATEN: Das Wissen und das Equipment rund um die Rettung eines Meeressäugers stammt aus Delfinarien. (Beispiel Harderwijk/Niederlande: Dort werden verletzte Delfine und Schweinswale gesund gepflegt und wieder ins Meer entlassen.)

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Mitarbeiter von WDCS zeigen vor dem
Aquarium Sea-Life in München,
wie ein „gestrandeter Delfin“ gerettet wird.
(Foto: Rüdiger Hengl)

Mich würde übrigens interessieren, wie die WDCS (und die 26 anderen NGOs) die knapp 300 Waltiere, die derzeit in europäischen Delfinarien gehalten werden, auswildern möchte, wenn die Delfinarien – wie von der WDCS gefordert – tatsächlich schließen.


Die „fünf Freiheiten“

Die WDCS betont, dass die World Organisation for Animal Health das Wohlergehen von Tieren (animal welfare) daran misst, wie diese mit ihren Lebensbedingungen zurechtkommen. Ihre „Guiding principles on animal welfare“ würden auf fünf Tierschutzprinzipien basieren, die oft als die „fünf Freiheiten“ bezeichnet würden:

* Freiheit von Hunger, Durst und Fehlernährung,
* Freiheit von Angst und Qual,
* Freiheit von physischem und thermischem Unbehagen,
* Freiheit von Verletzungen und Krankheiten sowie
* Freiheit, die normalen Verhaltensweisen ausleben zu können.

Viele Aspekte der fünf Freiheiten wären bei Waltieren in Gefangenschaft nicht erfüllt, beklagt die WDCS. Insbesondere könne von keinem Delfinarium in der EU behauptet werden, dass es den Tieren ermöglichen würde, ihr normales Verhalten auszuleben.

MEERESAKROBATEN: Wie sieht es da mit den anderen Zootieren aus? Die normalen Verhaltensweisen können auch von ihnen nicht ausgelebt werden. Siehe Punkt „Natürliches Verhalten“.

Zu den anderen Forderungen:
* In Deutschland leidet kein Delfin Hunger oder Durst,
* er wird nicht gequält oder verängstigt,
* Wasser und Luftverhältnisse werden seinen Lebensbedingungen angepasst,
* Verletzungen und Krankheiten werden von Veterinären behandelt.


Chlor

Die WDCS schreibt: „Das Wasser wird chemisch behandelt, oft mit Chlor, weshalb keine lebenden Fische oder Pflanzen in die Becken eingebracht werden können.“

MEERESAKROBATEN: Die Lagune in Nürnberg und das Delfinarium in Duisburg kommen ohne Chlorierung aus. Über Münster liegen mir keine Informationen vor.


Import von Walen und Delfinen in die EU

Die WDCS schreibt: „Der Import von Walen und Delfinen in die EU zu hauptsächlich kommerziellen Zwecken ist verboten. Dennoch fanden Importe für Delfinarien statt, obwohl es sich hier um hauptsächlich kommerzielle Unternehmen handelt, die von Besuchern eine Eintrittsgebühr verlangen und Shows darbieten, bei denen es offensichtlich vor allem um Unterhaltung geht.“

MEERESAKROBATEN: Auch dieser Vorwurf zieht nicht bei den deutschen Delfinarien. Zum einen gibt es keine Importe von Wildfängen, zum anderen dienen die Darbietungen vor Zoo-Besuchern der Information und Aufklärung über die Lage der wild lebenden Delfine.

In Nürnberg gibt es ab August 2011 keine Vorstellung im herkömmlichen Sinn mehr. So kann hier also auch nicht mehr abfällig von einer „Unterhaltungsshow“ gesprochen werden.


Lebenserwartung

Die WDCS beklagt, dass in Gefangenschaft die Lebenserwartung von Walen und Delfinen geringer sei als in freier Wildbahn.

MEERESAKROBATEN: Ich gebe zu, dass es in Delfinarien eine relativ hohe Neugeborenensterblichkeit gibt. Aber die gab es auch bei anderen Tierarten, bevor deren Haltung optimiert wurde. Delfine sind außerdem Sonderfälle. Da sie nicht von Anfang an Abwehrkräfte haben, sind sie sehr anfällig für Infektionen. Ihr Immunsystem entwickelt sich erst nach und nach.

Von der im Thyrrenischen Meer/Sardinien schwimmenden Delfin-Population weiß ich, dass 2008 von fünf neugeborenen Großen Tümmlern nur eines (!) überlebt hat. Die Säuglingsmortalität am Golf von Mexiko ist in diesem Jahr ebenfalls immens hoch. Inwieweit sie mit der Öl-Katastrophe zusammenhängt, ist noch nicht erwiesen.

Nachtrag Oktober 2012: Im Beitrag Die Delfine von der Sarasota-Bucht wird von der hohen Säuglingssterblichkeit der wild lebenden Großen Tümmler in der Sarasota Bay (Florida) berichtet.


Fazit

Ich finde es richtig, dass über Missstände in der Delfinhaltung aufgeklärt wird. Auch kämpfe ich dafür, dass Einrichtungen, in denen Delfine erwiesenermaßen gequält und nach ihrem Tod einfach durch neue Wildfänge ersetzt werden (hier denke ich vor allem an asiatische Länder) geschlossen werden. Doch ich halte nichts davon, wenn man ein vorgefertigtes Pauschalurteil fällt, ohne die Chancen zu sehen, die eine optimierte Delfinhaltung haben kann.

16 Kommentare

  1. Ein Nachtrag zum Thema "Chlor":

    Münster (das ja in wenigen Monaten ohnehin schließt), verwendet tatsächloich noch Chlor zur Wasseraufbereitung. Allerdings richten sich die eingesetzten Konzentrationen nach den Richtlinien des EAAM, welcher wiederum aus der Trinkwasserverordnung "abgeschrieben" hat.
    Die Mengen sind daher so gering, dass damit nicht einmal das Algenwachstum ersthaft beeinträchtigt wird – deswegen wirken die Becken auch bisweilen ziemlich "schmutzig".

    Ähnlich sieht es in Connyland aus, nur dass da (wegen der Optik) fast täglich geschrubbt wird und die Lagune ein gigantischer (13.000 m³) glatter, gut zu reinigender Folienteich ist. Die Konzentration an Chlor ist dort ebenfalls so gering, dass man es nicht einmal an windstillen Tagen riecht. Auch Connyland wird die Anlage nicht mehr modernisieren, da sie zum Ende der Saison 2013 die Delfinhaltung wohl notgedrungen aufgeben werden.

    geschrieben von Norbert Fleck
  2. Ich weigere mich strickt, das Wildtier Delfin auch nur im Ansatz mit einem seit jahrtausenden domestizierten Tier wie dem Hund, oder gar mit dem Fluchttier Kanninchen (in einem anderen Bericht), zu vergleichen.
    Harderwijk, die gerade mit der Verweigerung zur Freilassung des Orcas Morgan "brillieren", sollte man inzwischen kaum mehr als vorbildlich darstellen.
    Die Leitung von Nürnberg hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie auch Wildfänge in Betracht zieht, wenn der Nachschub stockt. Zuerst wird aber einmal nach Tieren in Europa gesucht, falls Bedarf besteht. Die Türkei zählt zu Europa. Die Türkei hat Taiji-Delfine. Selbst wenn Nürnberg dann keinen Taiji-Delfin nimmt, wird sich die türkische Einrichtung dann Nachschub holen, wo? (und Nürnberg wäscht weiterhin seine Hände in Unschuld) 
    Als Ruhesitz für Delfine, die nicht mehr ausgewildert werden können, hätte ich die Lagune begrüßt. Aber sie ist auf einen langen profitablen Einsatz ausgelegt. Die Lagune muss besetzt sein. Delfine werden gebraucht. Die Nachfrage bestimmt den Bedarf!
    Und ganz ehrlich, selbst die Nachzucht halte ich für verwerflich. Dieses Tier gehört ins Meer, sonst nirgendwo hin.
    Auch wir Menschen könnten das habe:
    – freie Kost
    – saubere Unterbringung
    – Beschäftigungsprogramm
    – medizinische Versorgung
    Gehen wir deshalb freiwillig in den Knast?

    geschrieben von Doris Thomas
    1. Deine Aufgeregtheit verstehe ich nicht ganz, Doris … Die Haltungsbedingungen eines Tieres – egal ob Hund oder Kaninchen oder eben Delfin – sollten optimal sein oder zumindest sollte man eine Optimierung der Haltung erkennen können. Wenn du meine Beiträge richtig liest, erkennst du, dass es mir nicht um den Vergleich von Raubtieren oder Nagetieren geht, sondern es geht um den Umgang mit Tieren allgemein.

      Du sagst, Harderwijk "verweigere" die Freilassung von Morgan. Ich würde mir auch wünschen, sie käme wieder in die Freiheit. Doch an Keiko hat man gesehen, dass ein an Menschen gewöhnter und vor allem von ihm gefütterter Delfin nicht auszuwildern ist. Ich würde mir auch wünschen, die zahlreichen Delfin- und Walschutzorganisationen, die davon überzeugt sind, dass eine Auswilderung klappen könnte, würden ihre ganze Energie sowie das Spendengeld dazu verwenden, Morgan ins Meer zu entlassen. Warum sind sie in der Beziehung so zögerlich?

      Der "Nachschub" bei den Delfinen stockt keinesfalls, wie jetzt Duisburg bewiesen hat. Und ich finde es einfach unredlich, immer wieder Duisburg und Nürnberg mit Taiji in Verbindung zu bringen. Der Nürnberger wie auch der Duisburger Tiergarten verurteilen die Delfinjagd in Taiji und würden nie und nimmer einen Delfin, der aus Taiji stammt, aufnehmen. Außerdem sind beide Zoos in der WAZA, die ebenfalls den Dolphin Drive in Japan ablehnt. Warum immer wieder spekulieren, wenn die Beweise fehlen? Mit "wenn" und "wird" ist die Realität nicht beschrieben.

      Der Satz von Encke, den du wiederzugeben versuchst, ist einige Jahre alt und – das muss ich zugeben – unglücklich gewählt. Aber ewig einen Fauxpas wiederzukauen und diesen nach seinem Gusto zu interpretieren, ist mir zu wenig, Doris … Auch deine Worte und die der Gegner von deutschen Delfinarien werden nicht auf die Goldwaage gelegt. Bei Letzteren habe ich gesehen und erfahren, dass Worte, die zwar geäußert wurden, aber nicht mehr in das Klischee passen, bei facebook einfach gelöscht werden. Also stelle doch mal deine Bedenkentaste auf Löschen und warte einfach mal ab, was geschieht. Nürnberg und Duisburg sind so sehr unter Beobachtung, dass die beiden Tiergärten – was die Zusammenstellung der Delfingruppen angeht – bestimmt nichts Unredliches tun.

      Delfine gehören selbstverständlich ins Meer (wo sie sich auch befinden; denke nur an die vielen Arten, die es gibt). Aber auch Löwen gehören in die Savanne, Pinguine gehören in die Antarktis usw. usw. Seit Menschengedenken gibt es jedoch die Sehnsucht nach etwas Lebendigem in der Nähe. Das sollte man nicht negieren oder, wenn man es doch tut, dann zumindest selbst auf die Haltung von Haustieren verzichten sowie die gesamte Zoohaltung ablehnen – auch Sea Life, das von der WDCS unterstützt wird.

      Kein Delfin geht freiwillig in den Knast. In Deutschland wird er im Delfinarium geboren und kennt nichts anderes als diesen Lebensraum.

      geschrieben von Susanne
      1. – du hast bereits den Delfin mit einem Kanninchen verglichen, dass aus Schutz auch lieber in seinem Stall bleibt. Denjenigen Delfin, der in Freiheit nur im Kreis schwimmt, musst du mir zeigen

        – Keiko war viel länger gefangen, der Vergleich hinkt total. Die Freilassung von Morgan wäre viel früher möglich gewesen, doch sie wurde genau deshalb verzögert, damit man nun sagen kann, dass sie zu sehr an Menschen gewöhnt ist. Wie praktisch.

        – Die Zusammenhänge zwischen den deutschen Delfinarien und einem möglichen, vielleicht auch nur indirektem Nachschub aus Taiji willst du einfach nicht sehen. Trotzdem ist er da, egal wie sehr du auf Wunder und Versprechungen der Betreiber hoffst.

        – Abwarten, was geschieht?…ich finde, es ist schon genug geschehen und geschieht täglich.

        – inzwischen bin ich so schlau, dass ich viele Tiere ungeeignet für Zoos halte, manche mehr, manche weniger, Delfine aber 100%tig. Schon wieder vergleichst du jahrtausend lang domestizierte Tierarten mit Wildtieren.

        – im Knast geboren….nie ein wahres Delfinleben kennenlernen….arme Wesen! Man macht es sich leicht zu sagen, dass die ja dann nichts anderes kennen.

        geschrieben von Doris Thomas
        1. Zwischen Taiji und den Delfinarien des EEP (also alle in der EU) gibt es weder einen direkten, noch indirekten Zusammenhang! Die einzige Beziehung, welche die Delfinarien des EEP pflegen, sind scharfe Proteste gegen diese völlig überflüssige und grausame Abschlachtung von Meeressäugern. Alles andere ist entweder peinliches Unwissen oder bewusst gelogen!

          Seit 2002 wurde kein einziger Delfin mehr in die EU importiert; nach Rumänien gingen in dieser Zeit noch 2 Tiere, welche aber nachweislich aus der Karibik stammen.
          Auch Nachkommen von Delfinen aus Taiji werden nie und nimmer den Weg in europäische Delfinarien finden, da sie der falschen Art angehören. In Taiji werden neben verschiedenen, nicht für die Haltung in menschlicher Obhut geeigneten Rassen (z.B. Pilotwale) nur Pazifische Tümmler gefangen – Im EEP sind jedoch nur Große Tümmler zugelassen. Eine Vermischung der beiden Arten würde den Grundsätzen des Erhaltungszuchtprogramms zuwider laufen.

          Für Laien: Auch wenn pazifische Tümmler und Große Tümmler (Subtypus Küstenform Karibik/Florida) sich relativ ähnlich sehen: Pazifische Tümmler bekommen mit zunehmendem Alter einen fleckigen Bauch – Große Tümmler bleiben gleichmäßig grau.

          geschrieben von Norbert Fleck
  3. http://www.gmx.net/themen/wissen/tiere/427xsou-pr

    Bei GMX findet zur Zeit eine große Diskusion statt.

    Ich bin dort unter den Namen"Truncat" vertreten.Wäre nett,wenn es intelligente "Verstärkung" gebe, denn das momentane Bild ist ein Nachweis für den geistigen Verfall Deutschlands -.-

    geschrieben von Martin D.
  4. Ich finde die Argumentation der WDCS ebenfalls sehr drastisch überzogen.In dem Laufe der Jahre hat sich die Haltung von Delfinen sehr gebessert und dass es zu Beginn neuer Wege immer Kritik und Mangeleien gibt, ist verständlich(prima vergleichbar mit der Erfindung des Dieselmotors ;D ). Delphinarien sind aber in der Tat gute Forschungsmittel, wenn es um das Verstehen diverser Fakten rund um Delfine geht, die man eben nicht in freier Wildbahn erfahren kann oder zumindest schwer. Zudem gehen die meißten Delphinarien hier in Deutschland der Aufgabe nach, dem Besucher einiges über Delfine zu vermitteln.Mein persönliches Flagschiff ist dabei das Delphinarium im Allwetterzoo Münster.Ich besuchte beide Delphinarien in meiner Nähe.Duisburg und Münster. Münster führt, meiner Meinung nach, mit Abstand vor Duisburg.Münster bietet ein immer wechselnes Programm und zwingt keines der Tiere zum Mitmachen.Zudem sind Ihre Infotafeln mit brutalsten Abstand informativer als die in Duisburg. Womit dieses Delphinarium aber zu kämpfen hatte(und schließlich zu Grunde ging) , war die beschissene kapitalistische Einstellung des Zoos.Das Delphinarium  war auf Spenden der Zuschauer angewiesen, sie bekamen gerade mal 1€ der 17€, die der Eintritt in den Zoo kosten.Angeblich befand sich das Delphinarium nicht auf dem Grundstück des Zoos, konnte aber nur vom Zoo aus erreicht werden.Es tut mir verdammt weh, dass ich dort meine emotionalsten Erlebnisse erlebte und dies alles nun durch dreckigen Kapitalismus elendigster Art nun verschwinden muss.
    Ich kann mich aber auf eines freuen: Dass diese Aasgeier nun wesentlich weniger Einkommen dadurch erlangen, denn ich hab in Köln einen Zoo vor der Nase, bin aber für Delfine mehrere Stunden unterwegs gewesen, um dort hinzugehn.Und ich bin da bestimmt nicht der Einzigste gewesen, die sowas für Delfine tun würden.

    Duisburg war für mich wesentlich enttäuschener.Zwar  sind die Haltungsbedingungen besser als in Münster(Logisch, wenn die Instandhaltung auch über den Zoo geht, anders als in Münster), dennoch lässt mich die Haltung frösteln.Ich war damals mit 14 dort gewesen(bin 21) und war nun im Alter von 19 wieder Dort.Das Programm hatte sich nicht verändert…
    Zudem waren die Panzergläser mit Spuren von Kot verdreckt.Am Rand des Wasserbeckens waren auch einzelne Spuren von Kot sichtbar.Wenn die doch die Technik dafür haben, sollten diese sie dringlichst benutzen und ausbauen.Zudem gab es dort über eine Therapiestelle die Möglichkeit, während der Mittagspause der Trainer vorm Panzerglas mit den Delfinen halt Faxen zu treiben.Dies ist ja schön und gut(Der Trainer kann Pause machen, während die Tiere unterhalten werden), doch für 1 Stunde mit Delfinen spielen 100 EURO zu verlangen ist eine Grundlose Unverschämtheit."Geldgeilheit auf Kosten von Delfinen FTW" könnte man glatt meinen.

    Zu Nürnberg kann ich leider nix sagen, da es mir zeitlich und vorallem finaziell nicht möglich ist, dort hin zu reisen.Ich höre positives und negatives dazu.Ich persönlich finde den Ausbau einer "Lagune" zumindest in die vernünftige Richtung, wenn es das verspricht, was es hält.Hoffentlich darf ich das bald vor Ort persönlich herausfinden.

    Zurück zum Thema Delphinarium allgemein.
    Die Delphinarien in Deutschland sind zumindest auf den richtigen Weg, während die in der Türkei und in Japan wohl noch denken, dass Delfine Fische sind(in Ägypten glauben die das wirklich, wie ich es persönlich erleben durfte).Denen sollte mal Jemand ordentlich einen Schlag auf den Kopf verpassen, in der Hoffung, dass die mal klarer im diesen werden.

    Und an die liebe WDCS: Ich habe großen Respekt vor dem, was Ihr tut, doch behaltet einen kühlen Kopf.Es geschieht wahrlich viel schlimmes mit den Tieren.Nur habt Ihr hier wohl an der falschen Front gekämpft.^^

    geschrieben von Martin D.
  5. Hallo Susanne,

    ich denke, dass wir in weiten Bereichen nicht allzuweit auseinander liegen. Jeder muss zu seinem eigenen Urteil kommen. Letztlich kommen wir m.E. nur voran, wenn wir im Kreis der Meeres- und Meerestierschützer, dazu zähle ich Dich uneingeschränkt, untereinander eine gewisse Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen haben. Alles andere wäre Dogmatismus und würde nur in unsinnige interne Glaubenskriege ausarten.

    Gruß

    Michael

    geschrieben von Michael Mittelst&aum
    1. Wenn das hier Facebook wäre, würde ich jetzt "gefällt mir" anklicken ;o)))

      geschrieben von Susanne
  6. "Unzählig viele Delfine sterben Tag für Tag, ohne dass ein Kind sie je gesehen hat."

    Hallo Susanne,

    da hast Du absolut Recht. Rein von den Todeszahlen bei Delfinen gibt es deutlich größere Probleme. Ich wünsche mir oft, dass mehr Delfinschützer mit dem gleichen Engagement wie gegen Delfinarien auch gegen andere Probleme der Wale und Delfine angehen. Das ist leider aber viel schwerer und die Problemursachen wie z.B. Tod als Beifang, Geisternetze, Plastikmüll sind wesentlich schwieriger als Individuum zu ändern und die großen Org erwecken leider oft den Eindruck, dass es ihnen mehr um Spenden als um Problemlösungen geht. Insofern werden die kleinen und lösbaren Probleme angegangen. Wegzuschauen, weil es irgendwo viel größere Probleme gibt, ist m.E. auch keine Lösung.

    Letztlich ist es, soweit stimme ich Dir zu, ein für jedes Delfinarium durchzuführendes schwieriges Abwägen zwischen Nutzen für die Umweltbildung und den Artenschutz einerseits und den Auswirkungen für die Tiere andererseits sowie die Frage, ob man glaubt, die Konsequenzen für die Tiere verantworten zu können. Ich streite nicht ab, dass bei eingeschränktem Nachdenken bzw. ohne Hintergrundwissen Delfine im Delfinarium begeistern können. Vermutlich sind sogar Delfine im heute geschlossenen Delfinarium in Hagenbeck Ursache, dass ich noch heute von den Tieren fasziniert bin, aber man muss auch als Individuum sowie als Mensch allgemein dazulernen. Sehr viel früher gab es auch in Hagenbeck die sogenannten Völkerschauen ( http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerschau ). Kein halbwegs vernünftiger Mensch käme heute auf die Idee, so etwas noch durchzuführen.

    Gruß

    Michael

    geschrieben von Michael Mittelst&aum
    1. Hallo Michael,

      vor fast genau 20 Jahren hieß eine Schlagzeile in der BILD "Gefangen im Treibnetz "“ wer hört das Schreien der Delfine?". Diese Worte stammten vom Weltumsegler Rollo Gebhard, über den ich gerade einen kleinen Artikel anlässlich seines 90. Geburtstages geschrieben habe. Diese Schreie verhallen auch heute noch ungehört. Es hat sich nicht viel getan in Sachen Rettung der Delfine.

      Weil man die großen (eigentlichen) Probleme der Delfine nicht lösen kann, werden "die kleinen und lösbaren Probleme" von den Tierschutzorganisationen angegangen, schreibst du. Ich sehe aber kein "Problem" darin, dass in Nürnberg den Delfinen mehr Lebensraum gegeben wurde. Diese Delfine leben schon seit vielen Jahren dort. Sie teilen nicht das Schicksal ihrer frei lebenden Artgenossen. Meiner Meinung nach sollten sich Delfinschützer auf die Einrichtungen konzentrieren, in denen die Haltung von Delfinen (nachweislich) anklagenswert ist.

      "Völkerschauen" gibt es übrigens auch heute noch in Zoos. Sie laufen allerdings etwas anders ab als damals. So stellen in Augsburg immer wieder afrikanische Völker ihr Kunsthandwerk aus. Du siehst, man hat auch auf diesem Gebiet dazugelernt ;o))

      "Wegschauen" tut auch keiner, was die Delfine in Nürnberg angeht. Dazu stehen die Tiere viel zu sehr im Fokus der Zoo-Besucher und Zoo-Kritiker. Letztlich aus der Kritik, dass die Haltungsbedingungen für Delfine nicht optimal sind, entstand eine optimierte Anlage.

      geschrieben von Susanne
  7. "Zu den Familien: Meiner Meinung nach ist es notwendig, dass Kinder Tiere nicht nur aus Büchern und Filmen kennenlernen. Eltern mit kleinen Kindern können das bestimmt bestätigen. Sie sind es vor allem, die Zoos besuchen. Wenn man selbst keine Kinder hat oder die Kinder schon erwachsen sind, steht man diesem Punkt selbstverständlich anders gegenüber. Da hat man inzwischen selbst oft genug Tiere live gesehen und kann ganz abgeklärt urteilen. Doch den jungen Familien das Erlebnis zu verwehren, mit ihren Kindern ein wildes Tier zu besuchen (Voraussetzung, es wird gut gehalten) und zu bestaunen, ist meiner Meinung nach nicht fair."

    Hallo Susanne,

    vor ca. 2 Jahren habe ich noch sehr ähnlich argumentiert und gesagt, dass gut geführte Delfinarien (hatte ich nicht abschließend definiert) einen Beitrag zur Bildung / Heranführung an Naturthemen bei oft naturfern aufwachsenden Kindern leisten können. Es soll ja Kinder geben, die Hühner mit 6 Beinen malen, weil die Hähnchenschenkel immer im Sechserpack verkauft werden.Irgendwann bin ich dann für mich zum Ergebnis gekommen, dass der Preis für diesen Beitrag an Kindesfreude und Kinderbildung in Form von lebenslanger Gefangenschaft hochintelligenter und sozialer Tiere, unnatürlichen Lebensbedingungen und Wildfängen im Grunde unverantwortbar hoch ist. Junge Familien, kleine Kinder, "Sehen wilder Tiere" (eingesperrte regelmäßig gefütterte Tiere sind m.E. keine wilden Tiere), alles schön und gut, aber Kinder sterben nicht, wenn sie keine Delfine sehen, Delfine schon, damit Kinder sie sehen.

    Gruß

    Michael

    geschrieben von Michael Mittelst&aum
    1. Vielen Dank, Michael, für deinen Kommentar. Ja, das Thema Tierhaltung wird immer ein kontrovers diskutiertes Thema bleiben. Da zählen sowohl die Argumente der einen wie die der anderen Seite. Aber zu deinem Satz "Kinder sterben nicht, wenn sie keine Delfine sehen, Delfine schon, damit Kinder sie sehen" möchte ich noch anfügen: Unzählig viele Delfine sterben Tag für Tag, ohne dass ein Kind sie je gesehen hat.

      geschrieben von Susanne
  8. Ich möchte hier noch drei Dinge anmerken: 1. Die Informationen über die Delfine in den Einrichtungen nach Herkunft, Todeszahlen etc. wurden bisher nicht von den Betreibern preisgegeben. Dies wurde jedoch vor Kurzem von der WDCS gerichtlich erstritten. 2. Nach wie vor halte ich es für unangemessen, domestizierte Tiere mit Delfinen zu vergleichen oder gar mit dem Argument zu arbeiten, dass es anderen Tieren ja noch schlechter ginge. 3. Gerade Harderwijk/Niederlande steht momentan sehr unter Kritik, weil sie den Orca Morgan zwar gerettet, jedoch nach der Genesung nicht wieder freigelassen haben und nicht im geringsten daran interessiert sind, dies zu schaffen. Gerüchten zufolge wurde Morgan nach Frankreich verfrachtet. Vorbildlicher Tierschutz ist etwas anderes.

    geschrieben von Doris Thomas
    1. Hallo Doris, hallo Michael,

      ich danke euch sehr, dass ihr euch mit meinem Kommentar auseinandergesetzt und eure Meinung dazu kundgetan habt. Ich habe dazu allerdings auch wieder etwas anzumerken ;o))

      Zu Doris: 1. Die Herkunft der Delfine und die Todeszahlen aus Nürnberg sind bekannt! Bisher wurde jedes Mal eine Pressemitteilung vom Tiergarten herausgegeben, wenn ein Tier gestorben war.

      2. Es geht nicht um den Vergleich von Hund und Delfin, sondern darum, dass Tiere allgemein eine gute Haltung erfahren müssen – egal, ob domestiziert oder nicht. Und da erlaube ich mir nun einmal den Vergleich, dass Delfine, mit denen sich die Trainer fast rund um die Uhr beschäftigen, ein besseres Los gezogen haben als Hunde, die den ganzen Tag eingesperrt werden, weil ihr Herrchen oder Frauchen berufstätig ist.

      3. Ob Morgan auszuwildern ist, kann ich nicht beurteilen. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn man das Orca-Weibchen sich selbst überlassen hätte, sogar wenn das seinen sicheren Tod bedeutet hätte, denn ich glaube mit "aus den Augen, aus dem Sinn" könnten viele Delfin-Schützer eher umgehen als mit der Haltung eines Tieres unter menschlicher Obhut. So wurde vergangenes Wochenende ein Schweinswal-Baby, das erst ein paar Tage alt war, wieder in die Ostsee gekippt, obwohl nicht klar ist, ob es noch eine Mutter hat, die sich um das Tier kümmert. Aber da der kleine Schweinswal wahrscheinlich nie mehr auftauchen wird (tot oder lebendig), wird dieses Vorgehen als Heldentat gelobt.

      Zu Michael:

      Bei den KW geht es nicht um das "Auswildern" einer Spezies. Die Mitarbeiter werden bestimmt wieder eine Arbeit finden oder vorzeitig in Pension geschickt werden. Mit dem Stresstest gebe ich dir recht. Diejenigen Einrichtungen, in denen Delfine nachweislich gequält und nach ihrem Ableben gleich wieder durch einen nachgeholten Wildfang ersetzt werden, gehören ein für allemal geschlossen. Doch diese Vergnügungsstätten befinden sich alle im Ausland. Und da wird es schwierig, da dort zum Teil ein anderer Tierschutzgedanke vorherrscht als in Deutschland.

      Zu den Familien: Meiner Meinung nach ist es notwendig, dass Kinder Tiere nicht nur aus Büchern und Filmen kennenlernen. Eltern mit kleinen Kindern können das bestimmt bestätigen. Sie sind es vor allem, die Zoos besuchen. Wenn man selbst keine Kinder hat oder die Kinder schon erwachsen sind, steht man diesem Punkt selbstverständlich anders gegenüber. Da hat man inzwischen selbst oft genug Tiere live gesehen und kann ganz abgeklärt urteilen. Doch den jungen Familien das Erlebnis zu verwehren, mit ihren Kindern ein wildes Tier zu besuchen (Voraussetzung, es wird gut gehalten) und zu bestaunen, ist meiner Meinung nach nicht fair.

      Zur Arterhaltung: Da geht es meines Wissens auch und vor allem um die Unterstützung von Organisationen, welche vom Aussterben bedrohte Tiere schützen wollen. Die meisten Tiere in Zoos sind nicht vom Aussterben bedroht und es muss deshalb von den Tiergärten auch nichts für deren Arterhaltung in ihrem eigentlichen Lebensraum, beispielsweise durch Auswilderungsprojekte, getan werden. Auch Große Tümmler sind nicht vom Aussterben bedroht.

      geschrieben von Susanne
  9. Eine differenzierte hervorragende Auseinandersetzung mit dem Bericht der WDCS. Dafür vielen Dank, auch wenn ich teilweise anderer Meinung bin!

    Es ist zugegebenermaßen eher ideologisch als wissenschaftlich, wenn man alle Delfinarien pauschal beurteilt und verurteilt. Da stimme ich durchaus zu. Das ist wie bei Kernkraftwerken, wo es sehr unterschiedliche Problemstufen gibt. Trotzdem gibt es halt wie bei Kernkraftwerken gute Gründe, existierende Delfinarien möglichst bald "abzuschalten" und keine neuen mehr zu bauen. über die Reihenfolge der Abschaltung sollte ein einheitlicher "Stresstest" entscheiden.

    Anmerkungen zu zwei ausgewählten Punkten:

    a) "Außerdem denke ich, dass die Menschen (oft sind es Familien mit mehreren Kindern), die ein Delfinarium in Deutschland besuchen, nicht mit Walen und Delfinen in freier Wildbahn in Kontakt kommen. Eine Tour zu den Meeressäugern ist nämlich um einiges teurer als ein Besuch im Delfinarium (von der kostspieligen "“ und umweltfeindlichen "“ Anreise einmal abgesehen)."

    M.E. hinkt das Argument etwas. Die Grundaussage ist zwar richtig, aber es ist nicht zwingend notwendig, dass Familien mit Kindern (und andere Menschen) Delfine unbedingt lebend in freier Wildbahn oder dann halt billiger in Delfinarien sehen müssen. Kernfrage ist doch, ob man für die sehr wünschenswerte Naturbildung der Kids immer zwingend lebende Tiere braucht. M.E. nein.

    b)"MEERESAKROBATEN:

    * Zum Punkt Arterhaltung: Das Nürnberger Delfinarium unterstützt seit vielen Jahren die Organisation Yacu Pacha, die sich der Arterhaltung von wasserlebenden Säugetieren in Südamerika widmet."

    Auch dieses Argument hinkt m.E. etwas. Es geht um die Erhaltung der betreffenden im Zoo gehaltenen Art, nicht um Beiträge zur Erhaltung ganz anderer Arten durch einen geringen Anteil der Einnahmen aus der Haltung der anderen Arten. Für mich ist das vergleichbar mit einem Ansatz, ein Kinderheim aus den Erlösen von Kinderarbeit zu fördern.

    geschrieben von Michael Mittelst&aum

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