Berichte, Biologen-Blog

Mensch und Delfin: eine ganz besondere Beziehung


Serie von Benjamin Schulz, Teil 7
4. Mai 2015

Durch Ermutigung und positive Empfindungen wird die Neugier der Tiere gefördert. Dadurch lernen sie schnell auch Verhaltensweisen, die ihnen zunächst vielleicht unbehaglich vorkommen. (Foto: Benjamin Schulz)

Durch Ermutigung und positive Empfindungen wird die Neugier der Tiere gefördert. Dadurch lernen sie schnell auch Verhaltensweisen, die ihnen zunächst vielleicht unbehaglich vorkommen.
(Foto: Benjamin Schulz)

Vermenschlichung

Wenn es über die Artgrenzen hinausgeht, spricht man deshalb von „Vermenschlichung“. Weil wir in Wirklichkeit nicht die Gefühle von Tieren direkt erkennen, sondern eher auf sie übertragen, was wir selbst in der Situation denken und fühlen würden. Und genau das führt zu Fehlinterpretationen.

Damit ihr mich richtig versteht, ich möchte die Vermenschlichung hier selbst gar nicht verteufeln, denn sie kann genauso gut zutreffend wie falsch sein. Aber sie ist ungeeignet, weil man eben in beiden Fällen keine Beweise finden kann. Deshalb führt dieser Ansatz immer in eine Sackgasse.

Aus der Sicht der Natur und Evolution betrachtet

Der einzige Weg, Gefühle bei Tieren ehrlich und unbefangen zu analysieren, ist der wissenschaftliche Weg. Und da geht es nicht allein um Experimente, bei denen man die physischen Reaktionen oder Hirnströme misst. Viel besseren Aufschluss über die Existenz von Gefühlen bei Tieren gibt die Logik her.

Man muss das Ganze einfach mal aus der Sicht der Natur und der Evolution betrachten, dann lernt man schnell, warum Gefühle so wichtig sind für das Leben selbst und wie man auch seine eigenen Gefühle besser verstehen kann. Denn ohne Gefühle wäre das höhere Leben, wie wir es kennen, gar nicht möglich.

Höher entwickelte Wirbeltiere brauchen sie zur Anpassung und um ihre Bedürfnisse zu stillen. Instinkte sind mehr als nur eine einfache Programmierung. Und durch evolutionäre Änderungen der DNA können längerfristige Umweltänderungen ausgeglichen werden.

Doch die Gefühle geben einem Tier im Hier und Jetzt vor, was die Ziele des Verhaltens sind, und die Möglichkeit, sich schnell ändernden Bedingungen anzupassen.

Und schon bald danach macht es ihnen eine solche Freude, dass sie selbst damit spielen und nicht mehr aufhören wollen. (Foto: Benjamin Schulz)

Und schon bald danach macht es ihnen eine solche Freude, dass sie selbst damit spielen und nicht mehr aufhören wollen.
(Foto: Benjamin Schulz)

Die Natur als Trainer

Als Trainer ist man sich dessen wahrscheinlich am besten bewusst. Denn trainiert sind wir alle. Durch die Natur.

Positive und negative Empfindungen steuern unser Verhalten und sorgen dafür, dass wir überleben.

Alles, was der Erhaltung des Lebens und der Fortpflanzung dient, wird durch positive Empfindungen belohnt. Ob ein Delfin nun im Meeresboden aus Sand buddelt oder einen Sprung macht, die Belohnung danach ist Futter und wird als positiv empfunden.

Die Natur hat die Tiere auch mit positiver Bestärkung trainiert. Wir sind da nicht anders. Nur bei uns wirken die Bestärkungen schon im Supermarkt, wenn wir „auf der Jagd“ sind, durch Adrenalin, und dann werden wir abermals belohnt schon allein durch den Anblick des Steaks auf dem Grill.

Gefühle wirken also auch bei uns genau wie bei den Tieren, unterbewusst. Wenn wir sie bewusst wahrnehmen, hat sich das Gefühl bereits zu einem Gedanken gewandelt.

Positive Empfindungen sind also eher die freudige Erregung, die wir bei der Nahrungssuche empfinden und die Sättigung, die wir nach einer guten Mahlzeit verspüren.

Genauso ist uns allen mit den Tieren auch gemein, dass wir so viel Freude an Aktivitäten haben, die mit der Fortpflanzung zu tun haben. Zusätzlich dazu haben sehr soziale Arten ihre sexuellen Aktivitäten auch noch ausgeweitet, um die positiven Empfindungen im täglichen Miteinander für die Stabilisierung von Beziehungen oder die Beilegung von Konflikten zu nutzen, aber sonst empfinden wir da alle gleich.


Die Natur macht es nicht anders. Auch hier werden Delfine trainiert, sich kontrolliert stranden zu lassen. Die Belohnung ist – wie im Delfinarium auch – Futter!
(Siehe vor allem die Sequenzen bei ca. 2.35, 3.45 und 4.43)

Geborgenheit in der Gruppe

Und natürlich fühlen sich soziale Arten wohler, wenn sie mit anderen zusammen sind. Wir reden dann von Geborgenheit.

Es gibt keinen Anlass zu denken, dass Delfine anders fühlen, wenn sie in der Gruppe spielen und gemeinsam Zeit verbringen. Auch beim Spielen mit dem Trainer, der ihnen sehr nahe steht, werden sicher positive Gefühle geweckt. Und natürlich auch bei uns, denn die Tiere sind für uns wie eine Familie.

Es ist logisch, dass Tiere diese Gefühle haben müssen, da sie der Antrieb sind für das Leben an sich.

Das Training mit Delfinen, aber auch mit anderen Tieren genauso, funktioniert doch nur, weil es Gefühle bei Tieren gibt. Der Fisch als Belohnung, ein lobendes Wort, Streicheln oder ein Spielzeug sind alles Möglichkeiten, positive Empfindungen auszulösen.

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