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Thomas Cooks Entscheidung


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Meeresakrobaten, 10. August 2018

Moderne Zoos wie der Loro Parque bemühen sich um eine tiergerechte Haltung. Die Erfolge zeigen, dass sie auf einem guten Weg sind.
(Foto: Benjamin Schulz)

Das Reiseunternehmen Thomas Cook (im Beitrag auch mit TC abgekürzt) hat vor Kurzem in einer Mitteilung bekannt gegeben, dass es ab 2019 – aus Tierschutzgründen – keine Tickets mehr für SeaWorld und den Loro Parque anbieten würde.

Die Maßnahmen von TC beziehen sich vor allem auf die Orca-Haltung in SeaWorld und im Loro Parque auf Teneriffa.

In SeaWorld Orlando leben derzeit noch sechs Orcas, in San Diego zehn und in San Antonio fünf. Im Loro Parque sind sechs Schwertwale zu sehen. (Quelle: Travelbook)

Warum die Entscheidung nicht gut ist

Die Entscheidung von Thomas Cook können die Meeresakrobaten nicht gutheißen. Denn die oben genannten Einrichtungen engagieren sich vorbildlich für den Schutz von wild lebenden Tieren.

Außerdem erfüllt SeaWorld nach eigenen Angaben zu 100 Prozent die strengen Mindeststandards, die von der globalen ABTA (Association of British Travel Agents – Global Welfare Guidance for Animals in Tourism) gefordert werden.

SeaWorld ist bekannt dafür, dass das Unternehmen bereits zahllose Tieren in freier Wildbahn gerettet hat und diverse Schutzprogramme unterhält.

Und nun kündigt das Reiseunternehmen Thomas Cook an, ausgerechnet diese Einrichtung ab kommendem Jahr nicht mehr mit Ticket-Verkäufen zu unterstützen.

Rauzahndelfin, der von SeaWorld im Juni 2015 gerettet wurde.
(Foto: SeaWorld Orlando)

Lautstarke Minderheit

Laut SeaWorld wurde Thomas Cooks Entscheidung von der lautstarken Minderheit der Anti-Zoo-Aktivisten vorangetrieben, die versuchen, die Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten in diesen Einrichtungen zu beenden.

Doch SeaWorld versichert in einem Kommentar zu Thomas Cooks Entscheidung, dass man sich weiterhin für das einsetzen wird, woran der Konzern glaubt: nämlich wichtige Naturschutz-, Forschungs- und Bildungsarbeit zu leisten.

Auch Weltzooverband zeigt Unverständnis

Auch der Weltzooverband WAZA (World Association of Zoos and Aquariums) hält den Beschluss von TC für falsch. In einer Stellungnahme schreibt er, dass TC bei seiner Entscheidung, keine Tickets mehr für SeaWorld und den Loro Parque anzubieten, nicht berücksichtige, dass beide Einrichtungen höchste Tierschutzstandards erfüllen und zudem viele Schutzprojekte für bedrohte Tiere in freier Wildbahn initiiert haben und/oder begleiten.

Als Beispiele für Schutzmaßnahmen im Loro Parque führt die WAZA folgende Projekte auf:

  • Zusammen mit der Regierung der Kanarischen Inseln unterstützt der Loro Parque ein zwei Millionen teures Vierjahres-Programm zur Untersuchung des Klimawandels im Meer. Dabei wird der Fokus vor allem auf Algen, Haie und Meeresschildkröten gelegt.
  • Mit 19 Millionen US-Dollar hat der Loro Parque in der Loro-Parque-Stiftung bisher weltweit 150 Schutzprogramme unterstützt.
  • Forschungsprojekte, die im Park durchgeführt wurden, kommen der Forschung im Freiland zugute. (Siehe hierzu auch Meeresakrobaten-Beitrag Gefährlicher Gift-Cocktail.)

Werbung am Flughafen auf Teneriffa
(Foto: Susanne Gugeler)

Rettungsprojekte werden von Besuchern finanziert

WAZA-Chief-Executive-Officer Doug Cress zeigt großes Unverständnis dafür, dass TC die Schutzprojekte der beiden Unternehmen nicht würdigt. Genau diese Projekte werden von den Besuchern der Orca-Präsentationen finanziert, da ein Teil der Eintrittsgelder an verschiedene Rettungs- und Forschungsprogramme abgetreten wird.

Sowohl der Loro Parque als auch SeaWorld gehören zu den Mitgliedern der WAZA. Und diese stellt sehr hohe Haltungsbedingungen an zoologische Einrichtungen.

Cress fordert TC auf, die Entscheidung gegen SeaWorld und den Loro Parque noch einmal zu überdenken und sich – genauso wie die zoologischen Einrichtungen – an den Bemühungen zu beteiligen, unser Naturerbe zu schützen. Die Ausbildungsprogramme bei SeaWorld und im Loro Parque hätten das Potenzial, das Verhalten der Besucher in Schlüsselfragen zu ändern. Dort würde das Mitgefühl für Tiere geweckt und darüber informiert, wie die Ozeane, Riffe und das Meeresleben geschützt werden können.

Tourismusverband lobt Loro Parque

Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft e.V. schreibt über den Loro Parque u.a.: „Ein besonderes Merkmal des Loro Parque ist neben der Artenvielfalt auch die Qualität seiner Infrastruktur und die gewissenhafte Einstellung zum Umweltschutz. Diese Einstellung sorgt dafür, dass jeder Bereich und jedes Detail im Park im Einklang mit der Natur entwickelt wurden. Aus diesem Grund gehören viele der Einrichtungen des Loro Parque zu den Besten, was Qualität, technologische Innovation oder Professionalität betrifft.“ (Stand des Zitat-Abrufs: 10. August 2018)

S. Gugeler

Im Loro Parque gibt es ein Auswilderungsprogramm für Papageien.
(Foto: Susanne Gugeler)

Thomas Cook unterstützt Schwimmen mit Delfinen in einem Becken

Wenn man ein bisschen im Internet recherchiert, kommt man auf ein Angebot von Thomas Cook, das mich sehr verwundert – na ja, eigentlich schon empört – hat: Der Reiseveranstalter bietet im November 2018 das Atlantis Sanya in China an (Screenshot liegt vor).

Und in diesem Park gehört das Schwimmen mit Delfinen zur großen Attraktion …

China ist das Hauptimportland für Delfine, die aus der Treibjagd von Taiji/Japan stammen. Ich weiß zwar nicht, ob die Tiere im Atlantis aus Taiji stammen (welche Einrichtung macht schon Werbung dafür, dass sie Wildfänge beherbergt?), doch allein die Tatsache, dass die Großen Tümmler dort dem unmittelbaren Kontakt von Touristen ausgesetzt sind, dürfte doch von einem angeblich dem Tierschutz verschriebenen Reiseunternehmen nicht unterstützt werden. Was hat Schwimmen mit Delfinen in einem Becken mit hohen Tierschutzrichtlinien zu tun?

In der Reisebeschreibung von Thomas Cook kann man lesen, dass das Aquarium über 280 marine Arten halten würde und dass das Atlantis Sanya eine Menge Angebote hätte. Man könne dort unter anderem köstlich essen und in einer Anlage Wellen reiten usw.

Neugierige Truppe in SeaWorld
(Foto: Linda)

Inkonsequentes Verhalten von NGOs

Die WDC/München sowie das WDSF/Hagen (siehe unter 29. Juli 2018) loben Thomas Cook dafür, dass das Reiseunternehmen SeaWorld und den Loro Parque für nicht unterstützenswert erklärt.

Ist den beiden Wal- und Delfinschutz-Organisationen etwa entgangen, dass der Reiseveranstalter eine Tour zu einer Einrichtung in China anbietet, die Schwimmen mit Delfinen im Programm hat?

In meinen Augen ist das Gebaren von Thomas Cook scheinheilig und die Tierschutz-Organisationen sind meiner Meinung nach zu gutgläubig bzw. zu wenig informiert.

Wägt also gut ab, mit wem ihr in Zukunft reisen und wem ihr Spenden zukommen lassen werdet.

Lesetipps

* Thomas Cook: Good bye orcas, hello belugas?
* Thomas Cook’s Mistake
* Thomas Cook Facing Backlash Over Animal Welfare in Hainan

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