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Genetische Unterschiede bei den kalifornischen Delfinen


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Gastbeitrag von Stefan Hintsche, Diplom-Biologe/12. März 2015

Genetische Unterschiede bei Großen Tümmlern vor der kalifornischen Küste und im Golf von Kalifornien

Mutter mit Jungtier (Foto: Rüdiger Hengl)

Küsten-Delfine gibt es auch vor Teneriffa.
(Foto: Rüdiger Hengl)

Küstentümmler leben nur 1 km vom Ufer entfernt

Schon 1981 stellte WALKER fest, dass sich die Küstentümmler, die sich hauptsächlich innerhalb des 1-Kilometer-Bereichs entlang der kalifornischen Küste aufhalten, in Zahngröße, Schädelmorphologie, Nahrung, Parasitenbefall und Körpergröße deutlich von jenen im Offenwasser (meist mehrere Kilometer von der Küste entfernt) unterscheiden.

Unterschiedliche Jagdstrategien

PERRIN et al. (2011) fiel auf, dass die körperlichen Differenzen mit der unterschiedlichen Ernährung und den daraus resultierenden unterschiedlichen Jagdstrategien zusammenhängen.

Die Nahrungsspezialisierung führte also zu einer entwicklungsgeschichtlichen Aufspaltung, wie sie ja inzwischen auch von den Orcas bekannt ist.

Genetische Ähnlichkeiten

Aktuelle genetische Untersuchungen an der Küste Kaliforniens konnten die getrennte Entwicklung der Offshore- und der Küstentümmler nun bestätigen.

Im Gegensatz zu den Küstentümmlern im Nordwestatlantik, im Golf von Mexiko und an der südamerikanischen Pazifikküste, die mit den Offshore-Tümmlern keinen Haplotyp der mitochondrialen Kontrollregion mehr gemeinsam haben, konnte bei einem pazifischen Offshore-Tümmler jedoch ein Haplotyp festgestellt werden, der auch bei den kalifornischen Küstentümmlern auftritt.

G.T. auf Teneriffa (Foto: Rüdiger Hengl)

Großer Tümmler auf Teneriffa
(Foto: Rüdiger Hengl)

Dies bedeutet laut den Autoren der aktuellen Arbeit entweder, dass sich die kalifornischen Küstentümmler später von den Offshore-Delfinen trennten als die anderen Küstenarten oder es zu einem späteren Zeitpunkt noch mal zu einem genetischen Austausch kam.

Nicht so ausgeprägte Flachwasserzonen in Kaliforniens Gewässern

Eine weitere Feinunterteilung in verschiedene genetische Clades (Stämme), wie sie bei den Populationen im Golf von Mexiko auftritt (ca. alle 200 km eine neue genetische Linie entlang der Küste sowie zusätzlich auch reine Flusspopulationen) existiert in Kalifornien nicht, was darauf zurückzuführen ist, dass dort die Küstenlinie strukturell nicht so vielschichtig (viele Lagunen, Flussmündungen etc.) und die Flachwasserzonen nicht so ausgeprägt sind wie im Golf von Mexiko.

Delfine vor Kalifornien und im Golf von Kalifornien unterscheiden sich

Für Überraschung sorgte aber vor allem ein anderes Ergebnis der genetischen Untersuchung. Wurde bisher davon ausgegangen, dass die Küstentümmler vor Kalifornien und im Golf von Kalifornien (GvK) identisch sind (WALKER, 1981), zeigte sich nun, dass beide Populationen genetisch vollkommen verschieden sind.

Die Küstenpopulation im GvK zeigt sogar mehr Gemeinsamkeiten mit den Offshore-Tümmlern, d.h. die Spezialisierung auf den Küstenbereich und die Abspaltung von der Offenwasser-Population hat hier erst vor kurzer Zeit stattgefunden.

Da im GvK auch nicht völlig auszuschließen ist, dass es noch gelegentlich einen genetischen Austausch mit den Offshore-Tümmlern gibt, würde ich hier noch von einem Unterartstatus ausgehen.

Küstendelfin/Dingle/Irland (Foto: Rüdiger Hengl)

Gefährdungseinstufung

Die Ergebnisse der Studie haben auch dramatische Auswirkungen auf die Gefährdungseinstufung. Da die kalifornischen Küstentümmler nun als separate Tümmlerform unabhängig von den Populationen aus dem GvK und Offshore zu betrachten sind, sind sie mit einer Populationsgröße von nur etwa 450 Tieren als hochgradig gefährdet einzustufen.

Hohe Belastung mit Umweltgiften

Hinzu kommt, dass sie eine sehr hohe Belastung mit Schwermetallen und Pestiziden wie DDT (immer noch!) aufweisen.

So viel ich weiß, befinden sich ein paar kalifornische Küstentümmler in Delfinarien von Sea World. Allerdings sind das wohl weniger als zehn Tiere, wodurch ein Erhaltungszuchtprogramm schwierig wird.

Eingefrorene Eizellen und Spermien könnten Population evtl. retten

Es sollte vielleicht allmählich darüber nachgedacht werden, ob man nicht Eizellen und Spermien einfriert, um gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt auf ein Erhaltungsprogramm mit Tümmlern aus dem Golf von Mexiko als Leihmüttern zurückgreifen zu können.

Ähnliche Überlegungen wären auch beim Europäischen Küstentümmler angebracht, dessen Bestand vermutlich auch nur noch bei 600 Tieren mit fallender Tendenz liegt.

(Quelle: LOWTHER-THIELEKING, J. L., ARCHER, F. I., LANG, A. R. & WELLER, D. W. (2015). Genetic differentiation among coastal and offshore common bottlenose dolphins, Tursiops truncatus, in the eastern North Pacific Ocean. Marine Mammal Science 31 (1): 1-20; Walker, W. A. (1981). Geographical variation in morphology and biology of bottlenose dolphins (Tursiops) in the eastern North Pacific. NOAA/NMFS Southwest Fisheries Science Center Administrative Report LJ-81-03C (unpublished). 54 pp. SWFSC, 8901 La Jolla Shores Drive, La Jolla, CA 92037; Perrin, W. F., Thieleking, J. L., Walker, W. A., Archer, F. I. & Robertson, K. M. (2011). Common bottlenose dolphins (Tursiops truncates) in California waters: cranial differentiation of coastal and offshore ecotypes. Marine Mammal Science 27: 769-792.)

Lesetipps

* Katastrophale Entwicklung bei den Küsten-Delfinen
* Bestand der Küsten-Delfine nimmt rasant ab

1 Kommentare

  1. Ich sehe da jetzt vor allem SeaWorld gefragt. Aber die werden schon was unternehmen, schließlich sind die ja schon damit beschäftigt, die Kalifornischen Seelöwen vor einer katastrophalen Hungersaison zu bewahren. Doch letztendlich hilft das alles nichts, wenn falsche Tierschützer Ressourcen von dringend benötigten Projekten abziehen um unsinnige Klagen zu führen und die Geschäftsführer zu bereichern. Der Lebensraum muss erhalten bleiben. Und da ist es ganz klar Umweltverschmutzung und Überfischung, die zum Aussterben von Meeressäugern führen werden, wenn man jetzt nicht die Kurve kriegt. Viele Arten/Populationen sind schon so stark bedroht, dass nur noch ein Zuchtprogramm sie retten kann. Das ist die Aufgabe der Zoos/Meerestierparks. Das andere ist Aufgabe von Tierschutz- und Umweltorganisationen! Die Betrüger unter denen müssen endlich entlarvt und kaltgestellt werden, wenn unsere Umwelt eine Chance haben soll.

    geschrieben von Benjamin

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