Mythos Wal

Der Wal als gemaltes Kunst-Objekt

Schwertwal mit einem Bärengesicht in der Fluke

Die Kunst der Nordwestküsten-Indianer zeichnet sich durch ihre große Fülle und Ausdruckskraft aus. In vielen Museen und Ausstellungen auf der ganzen Welt begegnet man Malereien, Schnitzereien und anderen kunsthandwerklichen Objekten der Stämme, die sich vor langer Zeit an der Küste Westkanadas angesiedelt haben. Aber auch bei den wieder eingeführten Potlatch-Festen erfreuen sich die Kunstwerke der Indianer neben traditionellen Tänzen und Bräuchen großer Beliebtheit.

Da auch in der Sektion „Mythos Wal – gestern und heute“ einige Exponate aus deutschen und kanadischen Museen gezeigt werden, soll hier wenigstens ganz kurz auf die elementaren Maltechniken der Nordwestküsten-Indianer eingangen werden. Sehr viel mehr zu diesem Thema kannst du in dem Buch „Looking at Indian Art of the Northwest Coast“ von Hilary Stewart (ISBN: 0-88894-229-X) erfahren.

Elementare Techniken

Ursprünglich bemalten die Indianer der kanadischen Nordwestküste Holzkisten und andere Gegenstände mit kräftigen Linien, die einen betont graphischen Charakter hatten. Daher war es in den 60er-Jahren nur ein kleiner Schritt, diese Formen mittels Siebdruck auf Papier zu bringen. Der typische Kunststil dieser Region besteht aus stark stilisierten Tierformen, die mit sekundären Formen so ausgefüllt werden, dass keine leere Flächen bleiben.

Indianisches Motiv (Foto: Frank Blache)

Ein ganz wichtiges Stil-Element, das einem beim Betrachten der Malereien auffällt, ist das „eckige Oval“ oder die „runde Ecke“, die zum Beispiel bei der Darstellung der Wal-Augen eine große Rolle spielt. Man benützt für diese Form den Begriff „Ovoid“. Andere häufig vorkommenden Formen sind das „U“ und das „S“. In der U-Form gestaltet der Künstler zum Beispiel die Ohren eines Bären, um damit zu verdeutlichen, dass es sich bei dem dargestellten Wesen nicht um einen Menschen, sondern um ein Tier handelt. Manchmal werden in diese „Us“ auch noch kleinere „Ovoids“ gemalt. Vogelfedern – beim Donnervogel, Raben oder Adler verwendet – „wachsen“ alle aus einer U-Form. Die Flügel sind oft mit einem kunstvoll verzierten „Ovoid“ ausgemalt.

Der Stamm der Tsimshian teilt die Wale in verschiedene Klans ein und präsentiert diese in verschiedenen „Designs“. So zieht sich bei den Wal-Mitgliedern des Adler-Klans ein weißer Streifen über die Mitte ihrer Rückenflosse. Der Wolf-Klan zeichnet sich durch eine riesige Rückenflosse aus, die an einen Wolfsschwanz erinnert. Die Finne der Mitglieder des Raben-Klans erinnert an einen Schnabel.

Rot und Schwarz dominieren

Das Wal-Motiv ist sehr häufig in den Kunstwerken der Nordwestküsten-Indianer vertreten. Die am häufigsten verwendeten Farben sind Rot und Schwarz. In manchen Regionen wird auch ein Blau-Grün oder die Farbe Gelb für die Malereien verwendet.

The Salmons returns, Siebdruck von Marc Preston

Die rote Farbe wird aus rotem Ocker gewonnen, das Schwarz stammt aus Holzkohle oder Graphit. Diese Materialien werden zu einem Pulver gemahlen und dann mit einem Bindemittel vermischt. Für die Pinsel werden meist die Borsten eines Stachelschweins verwendet.

Neben den Kunstrichtungen der Graphik und der Bildhauerei (Totempfahl, Maske), die zu den traditionellen Bereichen der Männer gehören, gibt es auch noch die „Kunst der Frauen“, wozu die Korbflechterei und die Weberei gehören. Um davon einen Eindruck zu bekommen, bietet es sich an, einmal ein völkerkundliches Museum zu besuchen, das Exponate der Indianer der kanadischen Nordpazifik-Küste ausstellt (wie zum Beispiel das Residenzschloss Oettingen in Bayern, das Museum für Völkerkunde in Berlin-Dahlem oder das Lindenmuseum in Stuttgart).

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