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Delfine in deutschen Delfinarien – Fragen und Antworten


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Weshalb wird die umstrittene Delfintherapie weiterhin angeboten?

In der Therapie autistischer Erkrankungen gerade von Kindern gibt es bis heute keine Standard-Behandlung. Von daher kann erst einmal jede Behandlungsmethode in diesem Bereich als „umstritten“ oder „experimentell“ bezeichnet werden. Es wäre jedoch den Betroffenen gegenüber nicht zu verantworten, allein deshalb gar keine Therapie anzubieten.

Naomi und Noah sind in Nürnberg geboren. (Foto: Verena Pecsy)

Wissenschaftliche Studien der Universität Würzburg haben gezeigt, dass Therapien mit Delfinen bei manchen autistisch veranlagten Kindern durchaus positive Wirkungen haben können. Auch für die Tiere sind die Therapiesitzungen eher eine willkommene Abwechslung als eine Belastung, sodass auch von dieser Seite keine Einwände zu erheben sind.

Unabhängig von angeblichen Mängeln in dieser Studie spricht jedenfalls nichts dagegen, bei bestimmten Erkrankungsbildern auch delfinunterstützte Therapien anzubieten.

Natürlich sind Delfine ebenso wenig Wundertiere, wie Pferde, Hunde oder andere in der tiergestützten Therapie eingesetzte Arten. Aber sie haben ebenso wie die anderen Spezies arttypische Eigenschaften, die sie bei entsprechenden Krankheitsbildern als besonderes geeignet für eine Therapieunterstützung ausweisen.

Dass solche Therapiesitzungen selbstverständlich nur mit entsprechend geeigneten Individuen und unter strikter fachlicher Betreuung sowohl der Patienten als auch der Tiere durchgeführt werden können und dürfen, ist unbestritten.

Sind Delfintherapien nicht vorrangig eine Möglichkeit, mit Delfinen Geld zu verdienen?

Dass sogenannte Delfintherapien nun wesentlich teurer seien als andere tiergestützte Therapieansätze stimmt – zumindest im Tiergarten Nürnberg – nicht. Vielmehr bietet der Tiergarten Nürnberg und die unterstützenden Stiftungen eine wissenschaftlich betreute Möglichkeit, zu vergleichsweise geringen Kosten diesen Therapieansatz weiter zu erforschen und anzuwenden.

Großer Tümmler in Nürnberg (Foto: Susanne Gugeler)

Die Kosten explodieren meist dann, wenn die Eltern betroffener Kinder meinen, in fernen Ländern solche Therapien versuchen zu müssen.

Der Tiergarten Nürnberg bietet angesichts der wegfallenden Reisekosten und der wissenschaftlichen Betreuung eine preisgünstige und seriöse Alternative. Dass dies natürlich auch eine strenge Auswahl der Patienten nach therapeutischen Gesichtspunkten mit sich bringt und daher relativ wenige Patienten zu einer solchen Therapie zugelassen werden, liegt in der Natur der Sache.

Unterstützen Delfinarien nicht die Delfinjagden, wie zum Beispiel in Taiji, Japan?

Diese böswillige Unterstellung wurde von selbsternannten „Delfinschützern“ in Umlauf gebracht und entbehrt jeder Grundlage!

Im Gegenteil: Die Delfinhaltungen in der EU sind strikten Standards verpflichtet und werden streng überwacht. Jeder Transport von Delfinen unterliegt der Genehmigung und Überwachung, sodass bei jedem einzelnen Tier Herkunft und Lebensgeschichte öffentlich bekannt sind. Pazifische Tümmler, wie sie in Japan gefangen und zu Hunderten abgeschlachtet werden, finden sich in keinem einzigen Delfinarium der EU. Im Gegensatz zum Großen Tümmler bekommt der Pazifische Tümmler mit zunehmendem Alter einen fleckigen Bauch. Auch ein Laie würde solche Tiere also sofort erkennen.

Sämtliche deutsche Delfinarien haben zudem wiederholt gegen die Jagd auf Delfine und Wale protestiert und arbeiten aktiv in verschiedenen internationalen Organisationen mit, deren Ziele ein Ende der Delfin- und Waljagden sind.

Auch die von den deutschen Delfinarien gegründete und geleitete Organisation Yaqu Pacha setzt sich aktiv und vor Ort für den Schutz von bedrohten Delfin- und Walpopulationen in Süd- und Mittelamerika ein. Allein durch diese wissenschaftlich fundierte und oftmals mühsame Arbeit konnten bereits mehr Delfine und Wale vor Schäden bewahrt werden, als jemals in Gefangenschaft gelebt haben.

Woher kommt der Nachschub an Delfinen für die Delfinarien?

Ausschließlich aus Nachzuchten!

Nynke und ihr Sohn Kai (Foto: Tiergarten Nürnberg)

Seit mehr als 20 Jahren wurden keine Wildfänge mehr in die EU eingeführt (ausgenommen 2 Tiere nach Rumänien), da inzwischen mehr als genug Nachzuchten zur Verfügung stehen. Es ist im Laufe der Jahre gelungen, einen sich selbst erhaltenden, gesunden Bestand auch in Europa aufzubauen, sodass Wildfänge für seriöse Delfinhaltungen schon lange kein Thema mehr sind. Der Bestand ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, wobei der Anteil der Nachzuchten inzwischen bei über 65 % liegt.

Hierbei spielt der internationale wissenschaftliche Austausch mit den Delfinhaltungen in den USA und Australien eine große Rolle, wo man bereits Tiere in der dritten Nachzucht-Generation vorweisen kann. Auch diese Tiere sind erwartungsgemäß gesund und werden voraussichtlich ein hohes Alter erreichen.

Weshalb gibt es keine älteren Tiere in der zweiten Nachzucht-Generation?

In den USA und Australien gibt es solche Tiere bereits in ansehnlicher Anzahl; in Europa bislang noch nicht. Dies liegt schlicht daran, dass ein Delfin zwischen 8 und 12 Jahren bis zur Geschlechtsreife benötigt und Nachzuchtprogramme in Europa erst seit etwa 30 Jahren ernsthaft und auch erfolgreich verfolgt werden.
Die Tiere der zweiten Generation sind jedoch ebenso gesund, wie die Wildfänge und Tiere der ersten Nachzuchtgeneration, sodass keine Zweifel bestehen, dass auch diese ein ansehnliches Alter erreichen werden.

8 Kommentare

  1. Die Antwort haben Sie sich bereits selbst gegeben: „Bis jemand die *Verantwortung* für die Delfine übernehmen kann (…)“. Der von Ihnen angeführte Praktikant hat keine Verantwortung für die Delfine übernommen, sondern den Tierpflegern bei ihrer Arbeit assistiert. Solche Aufgaben kann prinzipiell jeder übernehmen, der im Umgang mit (Wild-)Tieren einigermaßen erfahren, des Schwimmens mächtig und frei von ansteckenden Krankheiten ist – was bei diesem Mann ja ohne jeden Zweifel der Fall war.

    Die verantwortlichen Stellen sind (auch) in Nürnberg mit entsprechend qualifiziertem Personal besetzt; das reicht von Herrn Dr. von Fersen, einem international renommierten Meeresbiologen mit Fachrichtung Meeressäuger, bis hin zu den entsprechenden Pflegern im Delfinarium. Dass man aber nicht unbedingt einen promovierten Meeresbilogen ins Wasser schicken muss, um die Becken zu reinigen, oder – wie von Ihnen beobachtet – für die Tiere unter Anleitung und Aufsicht als Spielzeug herzuhalten, sollte aber auch bei kritischer Betrachtung einleuchten.

    geschrieben von Norbert Fleck
    1. Noch kurz vorher wurde mir aber versichert, dass zu den Tümmlern aufgrund ihres Gefahrenpotentials nur jahrelang ausgebildetes Personal ins Wasser darf…und das war der Pfleger der Wildvögel definitiv nicht. Er hat damals selber geäußert, dass er von Delfinen keine Ahnung hat.
      Es gab wohl einen Personalmangel und da heißt es: The show must go on!
      Es ist etwas weit aus dem Fenster gelegt hier zu sagen, dass der Mann zweifelsohne frei von ansteckenden Krankheiten war. Haben Sie ihn untersucht?
      Und ob ein Vogelpfleger global Erfahrung mit Wildtieren hat? Sehr fragwürdig.
      Es gibt ja sogar Leute, die jeglichen nicht-Biologen die Qualitfikation pauschal absprechen, sich zu dem Thema Delfinarien überhaupt nur äußern zu können…

      geschrieben von Doris Thomas
      1. Gehen Sie einfach mal davon aus, dass man auch in Nürnberg nicht blöd ist und leichtfertig die Gesundheit der Tiere und der Pfleger aufs Spiel setzt – auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit (wie auch in Ihrem Falle wieder eindrucksvoll belegt) ein ganz heißer Anwärter für die "Goldene Himbeere" ist.

        Wer allgemein mit Tieren umgehen kann (keine überraschenden Bewegungen, keine unnötige Hektik) kann ganz sicher auch nach kurzer Einweisung und unter Aufsicht einem Delfintrainer assistieren.
        Es macht zudem einen gewaltigen Unterschied, ob jemand in Anwesenheit der Pfleger zu den Tieren ins Wasser geht, oder allein. Große Tümmler sind ohnehin ausgesprochen friedlich und auch nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, solange man sich an ein paar einfache Regeln hält. Die Beckenreinigung übernehmen auch Taucher, die nicht unbedingt ausgebildete Tierpfleger sind – solange man die Delfine in Ruhe läßt, sind die weitgehend ungefährlich. – Und satte, an Menschen gewöhnte Tiere sowieso.

        Ich kann aber durchaus verstehen, dass speziell in Nürnberg da gerne ein wenig dramatisiert wird: Es gibt praktisch permanent und penetrant Anfragen, ob man nicht (doch) mal mit den Delfinen schwimmen kann, oder sie wenigstens mal anfassen darf. Und in Nürnberg will man das aus durchaus nachvollziehbarfen Gründen nicht – ganz gleich, ob die Tiere damit ein Problem hätten, oder nicht.

        Es gibt aber durchaus auch seriöse Delfinarien, in denen das möglich ist (nach Vorlage ärztliches Attest, Belehrung, usw.). Und wenn man das beachtet, was am Anfang gesagt wird und die Anweisungen der Tiertrainer genau befolgt, hat man mit den Tieren auch ziemlich viel Spaß – und ganz offensichtlich auch umgekehrt.
        Wer sich nicht an die (relativ simplen) Regeln hält, fliegt allerdings hochkant raus: Entweder, weil die Tiertrainer das so entscheiden, oder weil man eine Delfinfluke abbekommen hat. – Letzteres kommt aber so gut wie nie vor.

        geschrieben von Norbert Fleck
  2. "Bis jemand die Verantwortung für Delfine übernehmen kann, muss er eine mehrjährige Ausbildung unter qualifizierter und wissenschaftlich begleiteter Anleitung durchlaufen." – Das sagte mri auch damals Herr Mägdefrau, als ich vor vielen Jahren in Nürnberg hinter die Kulissen schauen durfte. Dann sprach ich mit einem Pfleger. Er war nur aushilfsweise seit 2 Wochen (!) bei den Delfinen und normalerweise für die Greifvögel zuständig. Umso überraschter war ich, als er kurz danach in der Show zu den Delfinen ins Wasser ging. Soviel zu den qulifiziertem und jahrelang geschultem Personal.

    geschrieben von Doris Thomas
  3. "Die Küstenform des Großen Tümmlers " ?

    geschrieben von Doris Thomas
    1. Ja, es gibt auch vom Großen Tümmler mehrer Unterarten. So beispielsweise eine kräftige, bis 600 kg schwere Hochseeform, die überwiegend im Freiwasser lebt und die kleinere, auf eher flache und begrenzte Reviere spezialisierte Küstenform, die ausgewachsen meist weniger als 250 kg auf die Waage bringt.
      Da sich die beiden Unterarten genetisch und von der Physiologie nur minimal unterscheiden, werden sie nicht als separate Arten geführt, auch wenn sie auf dem besten Wege sind, sich irgendwann einmal zu unterschiedlichen Arten zu entwickeln.

      geschrieben von Norbert Fleck
  4. Sehr schöne und interessante Auflistung vieler Delfinarien betreffender Fakten.

    geschrieben von Lars
  5. Ein sehr ausführlicher und informativer Bericht, der sämtliche Statements der Delfinarien-Hasser ad absurdum führt.

    geschrieben von Rüdiger

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