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Delfine in deutschen Delfinarien – Fragen und Antworten


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Wieso wildert man die Delfine nicht wieder aus?

Große Tümmler sind in der Natur noch weit verbreitet und derzeit nicht vom Aussterben bedroht. Von daher ist es weder zielführend noch aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll, nachgezüchtete Tiere in bestehende Gruppen und Bestände einzubringen.

Vielmehr hat sich gezeigt, dass Delfine, die längere Zeit in menschlicher Obhut gelebt haben, es nur selten schaffen, sich wieder in der Natur zurechtzufinden. Bei Nachzuchten ist sogar zu befürchten, dass dies gar nicht mehr möglich ist.

Auch Menschen lebten ursprünglich in Urwäldern und Steppen. Dies heißt jedoch nicht, dass ein moderner „Stadtmensch“ in einer solchen Umgebung lange überleben würde. Auch dann nicht, wenn man ihn gut auf die neue Umgebung vorbereiten würde.

Ähnlich wie (Stadt-)Menschen haben auch Delfine das Problem, dass jede naturnah lebende Population ihre eigenen Sprachen, Dialekte und Verhaltensweisen entwickelt und auf fremde Individuen oftmals feindselig reagiert.

Gefährden Delfinarien den natürlichen Bestand an Delfinen?

Ganz klar: Nein!
In europäischen Delfinarien leben derzeit rund 270 Tiere; das sind gerade einmal so viele, wie alle 8 Stunden durch Beifänge und Jagd getötet werden. Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr.
Hinzu kommt, dass in den letzten 20 Jahren, gerade einmal 2(!) aus der Natur entnommene Tiere in die EU eingeführt wurden; eine Zahl, die angesichts von 300.000 jährlich getöteten Delfinen für den Bestand vollkommen belanglos ist.

Im Gegenteil:
Wenn die Ausbeutung der Meere unvermindert so weiter geht, können wir bereits in wenigen Jahren in die Situation geraten, dass die seriösen Delfinarien die letzten Orte sind, an denen wenigstens einzelne Delfinarten noch überleben können.

Sollten, wie derzeit abzusehen, bis 2050 die maritimen Fischbestände praktisch vollständig kollabieren, wird es auch unweigerlich zu einem Massensterben der Meeressäuger, einschließlich Robben, Delfinen und Walen kommen, da diese nichts mehr zum Fressen finden.

Ist das Personal in den Delfinarien überhaupt ausreichend qualifiziert?

Jedes seriöse Delfinarium beschäftigt neben speziell geschulten Veterinärmedizinern auch Meeresbiologen und weiteres, in der Tierpflege ausgebildetes Personal. Neben gesetzlichen Vorschriften sorgen internationale Verbände wie der EAAM für einen ständigen wissenschaftlichen Austausch und permanente Fortbildung.

Bis jemand die Verantwortung für Delfine übernehmen kann, muss er eine mehrjährige Ausbildung unter qualifizierter und wissenschaftlich begleiteter Anleitung durchlaufen.

Wenn sich dann ehemalige Steuerberater oder ehemalige Pressesprecher von Esoterik-Sekten als Delfinschützer und selbst ernannte „Delfin-Experten“ aufspielen, so muss man dies im Rahmen der Meinungsfreiheit wohl hinnehmen. Ernst nehmen sollte man solche Leute jedoch nicht!

Der Fisch wird mit Süßwasser angereichert. (Foto: Susanne Gugeler)

Schadet das gechlorte Wasser nicht der empfindlichen Haut der Tiere?

Genauso, wie die Trinkwasserverordnung eine maximale Menge an freiem Chlor zulässt, gibt es auch für Delfine eine Menge, welche die Tiere schadlos vertragen. Diese Menge ist ähnlich gering angesetzt, wie beim Trinkwasser, um auch besonders empfindlichen Individuen gerecht zu werden.

Natürliches Meerwasser enthält (auch ohne menschliches Zutun) eine Vielzahl an aggressiven und schädlichen Substanzen; angefangen von Mineralien, Salzen, Bakterien, Viren und Parasiten bis hin zu oft genug giftigen Ausscheidungen anderer Tiere.

Delfine sind daher, wie alle Meeresbewohner, bis zu einem gewissen Grad recht gut gegen diese Bedrohungen geschützt. Daher kann man das Wasser in Delfinarien auch vorsichtig chloren, um z.B. (Fäkal-)Bakterien und andere unerwünschte Mikroben unter Kontrolle zu halten.

Manche moderne Anlagen, wie auch die Delfinlagune in Nürnberg, verzichten inzwischen jedoch ganz auf den Einsatz von Chlor, was sich durch aufwendige Filter- und Abscheideanlagen durchaus bewerkstelligen lässt. Bei Mikrobenbefall kann zudem das Wasser mittels Ozon desinfiziert werden, ohne dass dabei aggressive Substanzen in das Delfinbecken gelangen können.

Allerdings erfordert dieses Konzept einen sehr hohen Wasserdurchsatz der Filteranlagen, was die Betriebskosten leider gewaltig ansteigen lässt und damit nicht so ohne Weiteres auf andere Anlagen übertragbar ist.

Ganz gleich, welches Konzept zur Anwendung kommt: Die Zeiten, in denen Delfine durch mangelhafte Wasserqualität bisweilen noch (Haut-)Schäden davon getragen haben, sind, zumindest in der seriösen Delfinhaltung, schon lange vorbei.

Futterfisch (Foto: Susanne Gugeler)

Delfine rühren tote Fische normalerweise nicht an. Weshalb werden sie dennoch mit totem Fisch gefüttert?

Delfine sind ebensowenig Aasfresser, wie Menschen. Dennoch kann auch ein Delfin problemlos an frischen, genießbaren Fisch gewöhnt werden. Umgekehrt rührt ein Delfin aber auch keinen lebenden Fisch mehr an, wenn er sich erst einmal an vorbereitetes Futter gewöhnt hat.

Allerdings stellt sich die Frage zumindest in der EU erst gar nicht, da das Verfüttern von lebenden Wirbeltieren (also auch von Fischen) durch die geltenden Tierschutzgesetze grundsätzlich verboten ist.

In der Delfinhaltung wird inzwischen durchweg aufgetauter Tiefkühlfisch verfüttert, da auf diesem Wege etwaige, in den Fischen enthaltene Parasiten und Würmer zuverlässig abgetötet werden.

Bedeutet die neue Hebebühne in Nürnberg nicht einen erheblichen Stress für die Tiere, wenn sie aus dem Wasser gehoben werden?

Im Gegenteil: Durch die Hebebühne müssen die Tiere zu medizinischen Untersuchungen sich nicht mehr selbst aus dem Wasser heben, was sie mit entsprechendem Training durchaus freiwillig tun.

Zudem kann man die Hebebühne natürlich auch so einstellen, dass die Tiere von Wasser bedeckt bleiben, die Ärzte und Pfleger aber dennoch alle erforderlichen Untersuchungen und Behandlungen vornehmen können. Gerade bei Kühen mit (noch untrainierten) Jungtieren ist dies eine enorme Erleichterung für beide Seiten.

Bereits die ersten Versuche mit den beiden Delfinbullen Joker und Arnie haben gezeigt, dass die Tiere die Hebebühne keineswegs als Bedrohung oder Belastung empfinden.

Große Tümmler sind von ihrem Körperbau durchaus in der Lage auch längere Zeit auf dem Trockenen zu liegen, ohne dabei Schaden zu nehmen – solange die Haut dabei nass bleibt.

Dass dies für die Tiere nicht allzu unangenehm sein kann, sieht man daran, dass sie es in manchen Delfinhaltungen bisweilen auch aus eigenem Antrieb tun, um auf sich aufmerksam zu machen oder um ihrerseits das Publikum zu beobachten.

8 Kommentare

  1. Die Antwort haben Sie sich bereits selbst gegeben: „Bis jemand die *Verantwortung* für die Delfine übernehmen kann (…)“. Der von Ihnen angeführte Praktikant hat keine Verantwortung für die Delfine übernommen, sondern den Tierpflegern bei ihrer Arbeit assistiert. Solche Aufgaben kann prinzipiell jeder übernehmen, der im Umgang mit (Wild-)Tieren einigermaßen erfahren, des Schwimmens mächtig und frei von ansteckenden Krankheiten ist – was bei diesem Mann ja ohne jeden Zweifel der Fall war.

    Die verantwortlichen Stellen sind (auch) in Nürnberg mit entsprechend qualifiziertem Personal besetzt; das reicht von Herrn Dr. von Fersen, einem international renommierten Meeresbiologen mit Fachrichtung Meeressäuger, bis hin zu den entsprechenden Pflegern im Delfinarium. Dass man aber nicht unbedingt einen promovierten Meeresbilogen ins Wasser schicken muss, um die Becken zu reinigen, oder – wie von Ihnen beobachtet – für die Tiere unter Anleitung und Aufsicht als Spielzeug herzuhalten, sollte aber auch bei kritischer Betrachtung einleuchten.

    geschrieben von Norbert Fleck
    1. Noch kurz vorher wurde mir aber versichert, dass zu den Tümmlern aufgrund ihres Gefahrenpotentials nur jahrelang ausgebildetes Personal ins Wasser darf…und das war der Pfleger der Wildvögel definitiv nicht. Er hat damals selber geäußert, dass er von Delfinen keine Ahnung hat.
      Es gab wohl einen Personalmangel und da heißt es: The show must go on!
      Es ist etwas weit aus dem Fenster gelegt hier zu sagen, dass der Mann zweifelsohne frei von ansteckenden Krankheiten war. Haben Sie ihn untersucht?
      Und ob ein Vogelpfleger global Erfahrung mit Wildtieren hat? Sehr fragwürdig.
      Es gibt ja sogar Leute, die jeglichen nicht-Biologen die Qualitfikation pauschal absprechen, sich zu dem Thema Delfinarien überhaupt nur äußern zu können…

      geschrieben von Doris Thomas
      1. Gehen Sie einfach mal davon aus, dass man auch in Nürnberg nicht blöd ist und leichtfertig die Gesundheit der Tiere und der Pfleger aufs Spiel setzt – auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit (wie auch in Ihrem Falle wieder eindrucksvoll belegt) ein ganz heißer Anwärter für die "Goldene Himbeere" ist.

        Wer allgemein mit Tieren umgehen kann (keine überraschenden Bewegungen, keine unnötige Hektik) kann ganz sicher auch nach kurzer Einweisung und unter Aufsicht einem Delfintrainer assistieren.
        Es macht zudem einen gewaltigen Unterschied, ob jemand in Anwesenheit der Pfleger zu den Tieren ins Wasser geht, oder allein. Große Tümmler sind ohnehin ausgesprochen friedlich und auch nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, solange man sich an ein paar einfache Regeln hält. Die Beckenreinigung übernehmen auch Taucher, die nicht unbedingt ausgebildete Tierpfleger sind – solange man die Delfine in Ruhe läßt, sind die weitgehend ungefährlich. – Und satte, an Menschen gewöhnte Tiere sowieso.

        Ich kann aber durchaus verstehen, dass speziell in Nürnberg da gerne ein wenig dramatisiert wird: Es gibt praktisch permanent und penetrant Anfragen, ob man nicht (doch) mal mit den Delfinen schwimmen kann, oder sie wenigstens mal anfassen darf. Und in Nürnberg will man das aus durchaus nachvollziehbarfen Gründen nicht – ganz gleich, ob die Tiere damit ein Problem hätten, oder nicht.

        Es gibt aber durchaus auch seriöse Delfinarien, in denen das möglich ist (nach Vorlage ärztliches Attest, Belehrung, usw.). Und wenn man das beachtet, was am Anfang gesagt wird und die Anweisungen der Tiertrainer genau befolgt, hat man mit den Tieren auch ziemlich viel Spaß – und ganz offensichtlich auch umgekehrt.
        Wer sich nicht an die (relativ simplen) Regeln hält, fliegt allerdings hochkant raus: Entweder, weil die Tiertrainer das so entscheiden, oder weil man eine Delfinfluke abbekommen hat. – Letzteres kommt aber so gut wie nie vor.

        geschrieben von Norbert Fleck
  2. "Bis jemand die Verantwortung für Delfine übernehmen kann, muss er eine mehrjährige Ausbildung unter qualifizierter und wissenschaftlich begleiteter Anleitung durchlaufen." – Das sagte mri auch damals Herr Mägdefrau, als ich vor vielen Jahren in Nürnberg hinter die Kulissen schauen durfte. Dann sprach ich mit einem Pfleger. Er war nur aushilfsweise seit 2 Wochen (!) bei den Delfinen und normalerweise für die Greifvögel zuständig. Umso überraschter war ich, als er kurz danach in der Show zu den Delfinen ins Wasser ging. Soviel zu den qulifiziertem und jahrelang geschultem Personal.

    geschrieben von Doris Thomas
  3. "Die Küstenform des Großen Tümmlers " ?

    geschrieben von Doris Thomas
    1. Ja, es gibt auch vom Großen Tümmler mehrer Unterarten. So beispielsweise eine kräftige, bis 600 kg schwere Hochseeform, die überwiegend im Freiwasser lebt und die kleinere, auf eher flache und begrenzte Reviere spezialisierte Küstenform, die ausgewachsen meist weniger als 250 kg auf die Waage bringt.
      Da sich die beiden Unterarten genetisch und von der Physiologie nur minimal unterscheiden, werden sie nicht als separate Arten geführt, auch wenn sie auf dem besten Wege sind, sich irgendwann einmal zu unterschiedlichen Arten zu entwickeln.

      geschrieben von Norbert Fleck
  4. Sehr schöne und interessante Auflistung vieler Delfinarien betreffender Fakten.

    geschrieben von Lars
  5. Ein sehr ausführlicher und informativer Bericht, der sämtliche Statements der Delfinarien-Hasser ad absurdum führt.

    geschrieben von Rüdiger

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