Berichte, Biologen-Blog

Sind Meeresbuchten eine Farce?


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Benjamin mit Großem Tümmler
(Foto: Benjamin Schulz)

Biologen-Blog von Benjamin Schulz, Teil 21
30. Oktober 2017
Delfine – nicht nur in der Freiheit vom Aussterben bedroht, Kapitel 2

Hallo liebe Meeresakrobaten-Fans,
nachdem ich im vorangegangenen Blogbeitrag erläutert habe, warum die Delfine in Europas Delfinarien eine eigene Population bilden und diese von menschlichen Interessen bedroht ist (genauer: der Agenda von Tierrechtsorganisationen), werde ich heute einen etwas intimeren Einblick in Vorgänge geben, die hinter dem Streit um das Zuchtprogramm stecken, werde Interessensgruppen beleuchten und teilweise erschreckende Fakten im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen präsentieren, die der Öffentlichkeit bis jetzt verborgen geblieben sind.

Betreuung in Meeresbuchten ist ein Fantasiegebilde

Nun gut, von jetzt an wird es etwas kompliziert. Die meisten Leute denken sicher, dass es in dieser Auseinandersetzung nur zwei Seiten gibt: die Delfinarien und die Tierrechtsorganisationen.

Erstere wollen Delfine züchten und mit ihnen Geld verdienen, während Letztere die Zucht stoppen und die restlichen Delfine in Meeresbuchten betreuen wollen. Doch so einfach ist es bei Weitem nicht.

Sicherlich, die radikalsten Delfinariengegner werben gerne um Spenden mit Ideen für betreute Meeresbuchten und vermitteln den Eindruck, sie würden selbst an Projekten arbeiten. Tun sie aber gar nicht.

Neugierige Delfine
(Foto: Oliver Schmid)

Viele kleine Tierrechtsgruppen und Spendensammler haben ihre eigenen wilden Fantasien und Träume, die sie aber nie realisieren können und dies auch nicht planen.

Purer Gigantismus

Als Beispiel möchte ich hier das zurzeit größte und bekannteste Projekt für eine betreute Meeresbucht anführen: Das Whale Sanctuary Project (WSP).

Im Rahmen dieses Projektes soll an einem noch nicht genau bestimmten Ort in Kanada ein wirklich riesiges Areal abgegrenzt werden, um dort mehrere hundert Tiere verschiedener Wal- und Delfinarten aus Delfinarien unterzubringen.

Allein der pure Gigantismus sowie die unwissenschaftliche Mischung und Unterbringung verschiedener Arten machen dieses Projekt extrem unglaubwürdig. Aber wenn man die Verantwortlichen dahinter kennt sowie die Organisationsstrukturen, treten noch viel mehr Ungereimtheiten zu Tage.

Manche Delfinariengegner wünschen den Tieren den Tod

An der Spitze des Projektes stehen zwei „Wissenschaftlerinnen“, die als Frontfrauen jeglicher Anti-Delfinarien-Propaganda seit eh und je hervorgetreten sind.

Eine von ihnen ist bekannt geworden durch die „Entdeckung“ der Persönlichkeitsrechte von Delfinen, die im Jahr 2010 auf einem geschlossenen Treffen einiger Vertreter von Tierrechtsorganisationen in Helsinki beschlossen und veröffentlicht wurden (www.cetaceanrights.org).

Fungi/Irland (Foto: Rüdiger Hengl)

Die andere ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass sie bereits mehrfach öffentlich ausgesagt hat, dass Delfine und Wale besser tot sind als in Gefangenschaft leben zu müssen. Außerdem ist sie mitverantwortlich für das Scheitern der Auswilderung des Orcas Keiko, zu dem sie bis heute kein Wort des Bedauerns fand.

Eine ganz schlechte Voraussetzung also für die Schaffung eines Meeres-Refugiums, wenn man mit dem zu erwartenden Tod der Tiere schon jetzt so gleichgültig und lebensverachtend umgeht.

Es ist weiter nicht verwunderlich, dass diese zwei Damen sowohl in Kanada als auch in Frankreich die treibenden Kräfte hinter der politischen Forderung nach einem Zuchtstopp für Delfine sind. Denn beide vertreten keine geringere Tierrechtsorganisation als die Humane Society of the United States (HSUS), deren oberstes Ziel ist, sämtliche Tierhaltung und Zucht sowohl von Nutz-, Zoo-, als auch Haustieren zu stoppen.

9 Kommentare

  1. sehr gut geschriebener Artikel. Erschreckend was für Lügner, Abzocker und Tierhasser diese vermeintlichen Tierrechtler tatsächlich sind.

    geschrieben von Britta
  2. Noch ein Nachtrag meinerseits:
    Fast noch gefährlicher als plumpem Fake-News finde ich, wenn – aus journalistischer Unkenntnis oder mit Absicht – durch die Art der Berichterstattung Dinge suggeriert werden, die nicht stimmen, auch wenn die Aussagen im Bericht zutreffen. Denn das ist besonders perfide. Ein Beispiel: „In Taiji werden jährlich tausende Delfine grausam abgeschlachtet. Besonders schöne Tiere werden gefangen und in Delfinarien in aller Welt verkauft. In Nürnberg leben derzeit sieben Delfine.“ Obwohl beide Aussagen korrekt sind, führt die Nennung der beiden Fakten unmittelbar aufeinander dazu, dass die Leute, wenn man sie hinterher fragt, davon ausgehen, dass diese sieben Delfine aus Taiji stammen.

    Auch zum Thema Spendenorganisationen habe ich noch eine interessante Untersuchung der Stiftung Warentest gefunden. Demnach mangelt es den meisten Tierschutzorganisationen an Transparenz, was mit den Spendengeldern passiert. Viele Organisationen haben gar nicht geantwortet, andere geben viel zu viel Geld für die Selbstverwaltung und für (Eigen-)Werbung aus, anstatt mit den Spenden tatsächlich den Tieren bzw. der Umwelt zu helfen:
    https://www.test.de/Spenden-Diesen-Organisationen-koennen-Sie-trauen-4633447-0/

    geschrieben von Oliver
  3. Dass da was gewaltig neben der Spur läuft, weiss ich schon ziemlich lange. Dass sich sogenannte „Tierrechtler“ mit einer derartigen kriminellen Energie die eigenen Taschen vollstopfen, war mir allerdings neu.

    Es ist nur todtraurig, dass dabei die Interessen der Tiere offenbar überhaupt keine Rolle mehr spielen. So ist das offenbar im „postfaktischen Zeitalter“.

    Bleibt nur zu hoffen, dass echte Argumente und wissenschaftliche Fakten bald wieder eine größere Rolle spielen. Wohin Propaganda und Lügen führen können hatten wir im 20. Jahrhundert nur allzu drastisch erleben müssen. Gerade in Europa.

    geschrieben von Norbert
    1. Ich sehe die größte Schwierigkeit darin, dass ein Verschwörungstheoretiker in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten kann als ein Wissenschaftler während seines ganzen Berufslebens widerlegen kann.
      Wissenschaftliches Arbeiten ist ein Knochenjob. Theorien müssen entwickelt und durch aufwendige Recherchen und langwierige Experimente überprüft werden. Ein „Fake-News-Verbreiter“ hat es da viel einfacher, denn er muss seine Behauptungen nicht beweisen, sondern nur lautstark genug auftreten.
      Beispiel Klimawandel. Ein unglaublich komplexes Thema mit unzähligen Parametern, deren Zusammenhänge seit Jahrzehnten von zehntausenden Wissenschaftlern der ganzen Welt untersucht werden. Die Publikationen darüber füllen halbe Bibliotheken. Und dennoch ist es einem gewissen Präsidenten, dessen Name nicht genannt zu werden braucht, „gelungen“, mit einem einzigen Satz die ganze Forschungsaergebnisse zu „widerlegen“: ES GIBT KEINEN KLIMAWANDEL, er ist nur eine Erfindung der Chinesen. Und wenn es doch einen KLimawandel geben sollte, hat der Mensch keine Schuld daran.
      Wenn jemand dieser Aussage widerspricht, ruft man ganz einfach ganz laut „Lügenpresse! Lügenpresse!“. Und wenn man dann auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse verweist, bekommt man als Antwort, dass diese Publikationen allesamt gefälscht sind und dass diese gezielt von [*hier eine Organisation eigener Wahl einsetzen*] initiiert und bezahlt worden sind. Studierte Wissenschaftler sind in deren Augen wahlweise „Fachidioten“ oder „naive, gekaufte Systemlinge“.

      Nun frag ich euch: wie soll man mit Leuten mit einer solchen Einstellung diskutieren?

      geschrieben von Oliver
    2. Mit diesen Leuten braucht man auch garnicht zu diskutieren. Viel wichtiger ist, dazu beizutragen, dass ihre Thesen als das entlarvt werden, was sie sind und ihnen kein Gehör mehr geschenkt wird.

      geschrieben von Dani
      1. Dani, ich stimme dir zu, man braucht mit den Extremisten nicht zu diskutieren, sondern man muss öffentlich über deren Forderungen und Vorstellungen diskutieren.

        geschrieben von Benjamin
    3. Hallo Norbert,

      Ich hoffe genau wie, dass die Vernunft schnell wieder die Kontrolle übernimmt in den meisten Bereichen. Nur leider befürchte ich das Gegenteil, denn die Menschheit ist insgesamt eine emotionale Spezies und denkt nicht logisch. Das können nur die wenigsten weil jemand es einem beibringen muss.

      geschrieben von Benjamin
  4. Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht mit den vielen Hintergrundinfos und Deinen unermüdlichen Einsatz für die Delfine. Ich würde mir wünschen, dass die maßgeblichen Stellen Deine Analyse auch zu lesen bekommen. Meinst Du, dass die ENtscheidung des Zuchtstopps in Frankreich angesichts dieser Argumente nochmal überdacht wird?

    geschrieben von Oliver
    1. Hallo Oliver,

      nein ich denke nicht das irgendwelche Argumente in Frankreich bei den jetzigen Politikern ein Umdenken bewirken können. Der Zuchtstopp widerspricht aber sowohl europäischem als auch bereits bestehendem französischem Recht. Dies wird auf viele Jahre die Justiz beschäftigen während die Delfine unter der Situation leiden.

      geschrieben von Benjamin

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