Berichte

Bei den Orcas von Gibraltar


Themen: , , ,
Rüdiger zwischen Mittelmeer (links) und Atlantik (Foto: Rüdiger Hengl)

Rüdiger zwischen Mittelmeer (links) und Atlantik
(Foto: Rüdiger Hengl)

Gastbeitrag von Rüdiger Hengl/3. Oktober 2016

Rüdiger war im August 2016 in Andalusien. Er hat dort tolle Ausflüge gemacht und wunderschöne Bilder mit nach Hause gebracht. Daraus hat er einen sehr informativen Beitrag auf seiner Homepage zusammengestellt. Seine Erlebnisse findet ihr unter Zwischen Meer und Ozean.

Ein Schwerpunkt von Rüdigers Reise waren die Orcas von Gibraltar. Immer in den Sommermonaten hält sich in der Meerenge zwischen Südspanien und Marokko eine Gruppe Orcas auf, um dort nach Thunfischen zu jagen.

Doch nun lassen wir Rüdiger selbst zu Wort kommen (Auszüge aus Rüdigers Bericht Orcas in der Straße von Gibraltar).

Mein großer Tag

Heute ist d-e-r große Tag des Urlaubs. Heute wollen wir beim Whalewatching versuchen, Orcas zu finden.

In freier Natur habe ich Orcas noch nie gesehen. Ich bin mächtig gespannt, ob das überhaupt klappt, erst mal die Ausfahrt selbst und dann natürlich ob wir auch tatsächlich Orcas sehen werden.

Um 4:45 Uhr hält mich nichts mehr im Bett. Duschen, anziehen, Kamera checken, dann geht´s los. Wie so häufig diese Woche auch heute wieder mal ohne Frühstück.

Das Büro von Tumares (Foto: Rüdiger Hengl)

Das Büro von Turmares
(Foto: Rüdiger Hengl)

Die Straße von Gibraltar (Foto: Rüdiger Hengl)

Die Straße von Gibraltar
(Foto: Rüdiger Hengl)

Turmares – Whalewatcher aus Leidenschaft

8:30 Uhr. Endlich öffnet auch Turmares sein Büro. Ich bin schon so heiß auf die Orca-Tour heute und Turmares ist ein Traum.

Allein schon das Interieur ihres liebevoll gestalteten Büros zeigt, dass man bei Turmares offenbar mit Herz bei der Sache ist: Die gelben Wände, die Info-Säulen und die aufgemalte „Straße von Gibraltar“ links neben dem Eingang, das ist schon etwas Besonderes.

Auf der Suche nach Orcas

Dann ist es endlich soweit! Ich halte meine Bordkarte in der Hand wie eine Auszeichnung, wie eine Trophäe und freu mich riesig auf die Ausfahrt. Ein Traum wird wahr! Doch ob ich Orcas sehen werde?

Streifendelfin (Foto: Rüdiger Hengl)

Streifendelfin
(Foto: Rüdiger Hengl)

Nach einer dreiviertel Stunde machen erst mal Streifendelfine (auch Blau-Weiße-Delfine genannt) ihre Aufwartung. Das könnten welche aus der gleichen Schule sein, die wir bereits am Montagabend gesehen haben. Da sahen wir auch Streifendelfine, auch knapp eine Stunde von Tarifa entfernt. Die Position (8 km süd-südöstlich von Tarifa) würde ja auch passen.

In der Straße von Gibraltar leben 59 Orcas – zeitweise

Und dann: 1 ½ Stunden nachdem wir den Hafen von Tarifa verlassen haben, treffen wir tatsächlich auf Orcas. Ich bin total happy! Wer wissen will, wo man in der Straße von Gibraltar Orcas sehen kann, dem empfehle ich den Artikel „Interactions with artisanal fisheries affect the social structure of a killer whale society“. Dort kann man auf Figure 1 sehen, wo sich die in 5 Pods lebenden 59 Orcas zu welcher Jahreszeit aufhalten: Im Frühjahr westlich der Straße von Gibraltar (Bild 1b), im Sommer eher mittendrin.

Dass es sich tatsächlich um 59 Individuen in 5 Pods handelt, ist in diesem Artikel auf Seite 285 nachzulesen.

Orcas bei Tarifa/Spanien (Foto: Rüdiger Hengl)

Orcas bei Tarifa/Spanien
(Foto: Rüdiger Hengl)

Orca und Fischerboote (Foto: Rüdiger Hengl)

Orca und Fischerboote
(Foto: Rüdiger Hengl)

Orca und Fischerboot (Foto: Rüdiger Hengl)

Orca und Fischerboot
(Foto: Rüdiger Hengl)

Abtauchender Orca (Foto: Rüdiger Hengl)

Abtauchender Orca
(Foto: Rüdiger Hengl)

Orcas machen Jagd auf den Roten Thunfisch

Laut der Untersuchung soll der Grund der verschiedenen Aufenthaltsorte darin liegen, dass sich im Sommer auch der Rote Thun (Thunnus thynnus) – die Hauptbeute der Orcas – mitten in der Straße von Gibraltar tummelt. Wenn man die dort von den Leinen der Fischer stibitzen kann, ohne Sie selbst jagen zu müssen, dann zeigt das schon auch eine gewisse Cleverness bei den Tieren.

Bei der 30 th Annual Conference of the European Cetacean Society in Funchal, Madeira berichtete Ruth Esteban am 14. März 2016 von interessanten Beobachtungen, die sie und ihre Kollegen in den Sommermonaten in der Straße von Gibraltar machen konnten (nachzulesen hier auf S. 58).

Orcas bedienen sich an den Fangleinen

Während 3 der 5 Schulen in der Straße von Gibraltar aktiv Jagd machen, haben sich Mitglieder der anderen beiden Schulen dazu entschieden, sich auch an den Fangleinen der marokkanischen und spanischen Fischer zu bedienen.

Orca (Tarifa/Spanien) (Foto: Rüdiger Hengl)

Orca (Tarifa/Spanien)
(Foto: Rüdiger Hengl)

Welche Finne gehört zu welchem Orca? (Foto: Rüdiger Hengl)

Welche Finne gehört zu welchem Orca?
(Foto: Rüdiger Hengl)

Ganz schön clever, finde ich. Warum denn jagen, wenn man viel einfacher an Nahrung kommen kann?

Wie Esteban berichtet, versorgen sich zumindest 2 der 5 Pods auf diese Weise. Auch sollen in diesen beiden Pods mehr Nachkommen gesehen worden sein. Kein Wunder, schließlich hat man, wenn man nicht die ganze Zeit auf Jagd ist, auch noch Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das den Fischern so gar nicht passt. Aber solange ständig Whalewatching-Boote draußen sind, können Sie, selbst wenn sie wollten, nichts weiter machen.

Solltet ihr euch detektivisch engagieren und herausfinden wollen, wer die „Diebe“ sind, dann schaut doch einfach mal in die Identifizierungs-Liste, ob ihr irgendwelche Tiere zuordnen könnt.

Unterschiedliche Fangmethoden in der Straße von Gibraltar

Interessant sind für mich auch die unterschiedlichen Fangmethoden der marokkanischen und der spanischen Fischer. Während die Marokkaner mit Handleinen agieren, arbeiten die Spanier mit sogenannten Schleppangeln, die hinter dem Boot hergezogen und von hydraulisch angetriebenen Winden wieder eingezogen werden.

Postiv ist allerdings bei beiden Methoden, dass es eigentlich zu keinem Delfin-Beifang kommen kann.

11:00 Uhr. Die Zeit ist rasend schnell verflogen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass wir schon über 1½ Stunden Orcas fotografieren. Ob ich zu Hause irgendeinen Orca irgendeinem Pod zuordnen kann? Aber darum geht es letztendlich gar nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich freilebende Orcas gesehen. Selbst Jungtiere waren dabei. Das lässt hoffen für die Population in der Straße von Gibraltar.

Gemeine Delfine (Gibraltar/Spanien) (Foto: Rüdiger Hengl)

Gemeine Delfine (Spanien)
(Foto: Rüdiger Hengl)

Gemeiner Delfin (Gibraltar/Spanien) (Foto: Rüdiger Hengl)

Gemeiner Delfin (Spanien)
(Foto: Rüdiger Hengl)

Gemeine Delfine

Um 11:02 Uhr nimmt Antonio Kurs Richtung Norden. Als Bonbon – Kinder murren leicht, wenn etwas zu Ende geht – darf jeder der Kleinen im Beisein von Antonio eine Zeitlang „Kapitän“ sein. Und die Kleinen machen ihren Job echt nicht schlecht, denn nach ziemlich genau einer halben Stunde sehen wir Delfine, Gemeine Delfine.

Gemeine Delfine haben wir bei der Ausfahrt am Montag nicht gesehen. Einesteils freue ich mich über ihr Erscheinen, andernteils habe ich immer noch im Kopf, dass die Mittelmeer-Subpopulation des Delphinus delphis extrem gefährdet und vom Aussterben bedroht ist.

Um 11:51 Uhr umrunden wir – vom Atlantik her kommend – die Südspitze der Isla de las Palomas. Gefühlt müssen wir ein ganz schönes Stück im Atlantik gewesen sein.

Was hat es mit der Glocke auf sich?

1½ km vielleicht noch bis zum Hafen. Diego von der Crew ist am „Wuseln“ und bringt am Heck der „Pirate Solvara“ eine Glocke an. Das hat er auch schon am Montag gemacht, als wir von der Ausfahrt zurückkamen. Ein nautisches Manöver? Ich frag ihn, doch leider spricht er kein Englisch oder Deutsch – genauso wenig wie ich Spanisch. Muss ich nachher eben den Käpt´n fragen, doch der ist momentan beschäftigt.

Um 12:06 Uhr legen wir an. Mehr als 3 Stunden waren wir draußen. Es war einfach fantastisch! Ich lasse die anderen Passagiere vor, damit ich noch in Ruhe meine Frage anbringen kann.

Diego von Tumares (Foto: Rüdiger Hengl)

Diego von Tumares
(Foto: Rüdiger Hengl)

„Just before arriving in the harbour I saw a crew member fixing a bell at the rear oft he boat, on Monday just as today. Why does he do this? Is that part of a nautical maneuvers?“ „No, not really.“ the captain answers laughing, „but when guests leave the boat, especially children, they can ring the bell. That´s making fun and that´s all!“

Die Ausfahrt hat wirklich „fun“ gemacht, auch wenn ich selbst die Glocke nicht läute, möchte ich mich ganz herzlich und ganz persönlich bei der Turmares-Crew bedanken, bei Cristina und Ezequiel, die von ihren Beobachtungen auch in Funchal berichteten, sowie bei Kapitän Antonio und Crew-Mitglied Diego. Die Fahrt war einfach super und ich hoffe, dass ich irgendwann noch mal hierherkomme und mit euch mitfahre. Vielen herzlichen Dank!

Auch jetzt sammeln sich bereits wieder neue Gäste für eine neue Tour vorm Turmaeres-Büro. Ich wünsche auch diesen Meeres-Freunden viele Sichtungen und viel „fun“ mit den Profis von Turmares.

Lesetipp

Zwischen Meer und Ozean

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert