MEERESAKROBATEN, 27. Juli 2014
Am 19. und 20. Juli 2014 nahm ich an einem Symposium der Artenschutzorganisation YAQU PACHA teil. Die Veranstaltung fand im Nürnberger Tiergarten statt. Ich habe zwei wundervolle und sehr informative Tage erlebt, die ich den Besuchern der MEERESAKROBATEN selbstverständlich nicht vorenthalten möchte.
Artenschutztage
Das „Internationale Symposium Forschung & Artenschutz in Südamerika 2014 (ISFAS)“ war in die gleichzeitig stattfindenden Artenschutztage des Tiergartens eingebettet.
Bei den Artenschutztagen erfuhren große und kleine Tierfreunde sehr viel über die Arbeit von Forschern. Zum Beispiel „Was machen Forscher mit einer Kotprobe?“ Die Antwort auf diese Frage gab Dr. Juan Valqui jeweils um 14.00 Uhr und 16.00 Uhr bei einer „live“ Präsentation seiner Arbeit mit Meeresottern in Peru.
Buckelwale auf Großleinwand
Am 20. Juli 2014 gab es nachmittags ein Film-Highlight im Naturkundehaus. Auf einer riesigen Leinwand wurden Buckelwale präsentiert. Man hatte fast den Eindruck, mit den Riesen der Meere mitzuschwimmen, so nah kam man ihnen beim Zuschauen. Den Film führte der bekannte Autor, Kameramann und Produzent Ralf Kiefner persönlich vor. Es war ein tolles Erlebnis!
Forschung macht Artenschutz möglich
Nun aber zurück zum Symposium. Im alten Delfinarium (auch Delfinarium 1 genannt) referierten Experten aus Europa und Südamerika über Probleme und Schutzmaßnahmen für verschiedene Tiergruppen. Abgeschlossen wurden die Vorträge mit einer Diskussionsrunde über die moderne Haltung von Delfinen.
Auf der Website von YAQU PACHA kann man über das Symposium erfahren, dass alle Referenten die Tierwelt Südamerikas, die Forschung und der Artenschutz verbindet. Zitat aus dem Programm:
„Sie sehen insbesondere die Forschung als wichtigen Baustein bei der Erarbeitung von langfristig erfolgreichen Artenschutzstrategien. Auch YAQU PACHA und der Tiergarten Nürnberg legen großen Wert auf einen wissenschaftsbasierten Artenschutz und finanzieren deshalb seit 1992 Forschungsprojekte in verschiedenen Ländern Südamerikas. Einige Ergebnisse, die auf diesem Symposium vorgestellt werden, stammen aus Projekten, die von YAQU PACHA unterstützt werden. Auch die Bedeutung von sogenannten „flagship species“ (Symbolarten) im Artenschutz wird im Verlauf des Symposiums deutlich zu erkennen sein: Besonders Pinguine, Primaten, Delphine und Otter sind prädestiniert, um als Botschafter für den Artenschutz auf die Bedrohung ganzer Ökosysteme hinzuweisen.“
Zu den einzelnen Vorträgen, die ich besucht habe, gibt es hier immer einen abgeschlossenen Beitrag, den du einzeln anklicken kannst. Hier also eine Auflistung der Themen (wenn du ein Thema anklickst, gelangst du automatisch auf den Beitrag):
* Standorttreue Chile-Delfine werden durch Lachskäfige und Muschelfarmen bedroht.
* Hohe Zahl an Beifangopfern beim La-Plata-Delfin
* Im Süden Brasiliens lebt eine kleine Population von gerade einmal 85 Großen Tümmlern.
* Die bedrohtesten Delfine sind Flussdelfine. Wie kolumbianische Frauen diesen Tieren indirekt helfen.
* Bioakustische Live-Präsentation mit Delfinen
* Diskussionsrunde über Delfinhaltung
Viele Jungwissenschaftler reisten an
Hauptziel des Symposiums war es, neue Methoden, neue Erkenntnisse und vor allem auch Erfolge im Artenschutz in Südamerika zu präsentieren. Aus ganz Deutschland reisten Jungwissenschaftler an, um an diesem Symposium teilzunehmen. Beim Abendessen im Tiergarten waren sich alle Teilnehmer, mit denen ich ins Gespräch kam, einig, dass die Veranstaltung sehr gut gelungen war.
Danke für diesen sachlichen Bericht!
Ich finde es wirklich wichtig, zu differenzieren: Einem Delphin in einem deutschen Delphinarium geht es heute echt gut.
Wahrscheinlich hat er eine höhere Lebenserwartung als im Freiland. Neben den genannten Hai-angriffen u. a. Unbilden kommen ja noch die harten Kämpfe innerhalb der Delphingruppen dazu: Halbstarke und ausgewachsene Bullen können andere Tümmler verprügeln oder sogar töten.
Das ist eine normale Verhaltensweise. Das Leben im Freiland ist für Delphine kein Zuckerschlecken.
http://scienceblogs.de/meertext/2014/01/12/delphin-verhaltensforschung-2-von-schwammtauchern-und-kindsmoerdern/
Delphinhaltung an anderen Orten und zu anderen Zeiten ist sicherlich weniger gut, aber man muss jeweils den Einzelfall beurteilen.
Die Tierschutzextremisten sagen auch an keine Stelle, was ihr Ziel ist:
Würde die Delphinhaltung in Deutschland verboten, was würde dann mit den Tieren passieren?
Würden sie getötet oder verkauft?
Auswildern kann man sie nicht, die meisten sind Nachzuchten aus Zoos.
Und sie verkennen den Wert eines Delphins im Zoo: Er ist ein Meeresbotschafter und arbeitet jeden Tag für den Schutz der frei lebenden Wale und den Ozeanschutz. Die didaktisch aufbereiteten Programme der deutschen Delphinarien greifen genau diese Themen auf. Und zumindest ein Teil der Besucher wird so für diese Themen sensibilisiert.
Vielen Dank für Ihre Einschätzung, die ich voll und ganz teile!
Delfine werden nicht nur von Seelowen zerkratzt (eher selten) sonden in aller Regel von ihren Artgenossen. Diese sogenannten „Rake-Marks“ (viele parallele Kratzer) findet man bei allen Großen Tümmlern, aber auch bei Orcas und anderen Zahnwalen; deren Fehlen ist ein sicheres Zeichen dafür, dass das Tier schon längere Zeit keinen Kontakt mehr zu Artgenossen hatte.
Von sogenannten Delfinschützern werden diese „Rake-Marks“ gerne als Zeichen gedeutet, dass Tiere „gemobbt“ würden – das Gegenteil ist der Fall: Solange diese Schrammen nicht überhand nehmen, sind sie ein Zeichen dafür, dass in dem Pod alles in Ordnung ist. Das Fehlen (oder zu wenige Kratzer) würde bedeuten, dass ein Tier den Rest der Gruppe konsequent meidet, bzw. gemieden wird.
Im Übrigen sind Delfine in Delfinarien eher wenig verschrammt, da es durch vernünftiges Gruppenmanagement inzwischen möglich ist, relativ harmonische Gruppen zu bilden. Wer beim Whale-Watching einmal genau hinsieht, wird erschrocken sein, wie stark wild lebende Tiere oftmals mit Rake-Marks übersät sind. Die Delfinkuh (samt Kalb) die ich im Frühjahr beim Whale-Watching auf Teneriffa beobachten durfte, hätte in einem Delfinarium mit Sicherheit eine Welle der Empörung ausgelöst. Laut der anwesenden Wissenschaftler des EAAM (von denen etliche an wilden Populationen forschen), war sie aber für ein wild lebendes Tier keineswegs auffällig.
Im Freiwasser sind halt keine Tierpfleger zur Stelle, um Kämpfe und Rangeleien zu schlichten, oder Streihähne in anderen Anlagen unterzubringen. So, wie in Nürnberg mit Arni geschehen – der hat jetzt seine eigenen Kühe und braucht sich nicht mehr mit Moby und Noah zu fetzen – was er ohnehin weder durfte, noch konnte – dank des absperrbaren Mehr-Becken-Systems der Lagune.
Vielen Dank für deine Ergänzungen zu den „Rake-Marks“, Norbert! Deine Beiträge sind immer eine große Bereicherung für die MEERESAKROBATEN! Schade, dass du letztes Wochenende nicht dabei warst …