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Japan: züchten statt jagen?


In Japan soll es in Zukunft Delfinnachwuchs durch künstliche Befruchtung geben.

Delfine in der Todesbucht (Foto: Boyd Harnell)

Ist ein Ende der Treibjagd in Sicht?

Das, was in der Rinder- und Pferdezucht schon gang und gäbe ist, soll in Japan nun auch mit Delfinen durchgeführt werden. Durch künstliche Befruchtung wollen die Aquarien die Anzahl der Tiere aufrechterhalten und gleichzeitig den unter starker Kritik stehenden Wildfang beenden.

Delfinariengegner werden beides ablehnen, doch der Schritt in die eigene Nachzucht kann in Zukunft den wild lebenden Artgenossen helfen. Diese werden dann voraussichtlich nicht mehr von Taiji aus gejagt. Zumindest nicht mehr für Aquarien. Ob die Jagd, die ja hauptsächlich zur Fleischgewinnung durchgeführt wird, gänzlich zum Erliegen kommen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Geburt eines männlichen Delfins

Es gibt offenbar bereits einen männlichen Delfin, der im Oktober im Port of Nagoya Public Aquarium nach einer künstlichen Befruchtung geboren wurde. Das ist die erste derartige Geburt seit 14 Jahren in Japan.

Andere Aquarien haben mit den Verantwortlichen von Nagoya Kontakt aufgenommen, um diese Technik zu lernen.

Die meisten Delfine in Japan sind Wildfänge

Landesweit werden in Japan offenbar 200 Große Tümmler gehalten, die zum größten Teil in Treibjagden vor Taiji gefangen wurden. Nur etwa 20 Prozent der Tiere wurden in Aquarien geboren.

In europäischen Ländern und in den USA dagegen sind mittlerweile die meisten der in menschlicher Obhut lebenden Delfine Nachzuchten. Nur noch wenige stammen aus Fängen, die bereits Jahrzehnte zurückliegen und auch nicht aus Taiji stammen.

Der Weltzooverband lehnt Wildfänge vehement ab

2015 setzte der Weltzooverband (WAZA) ein deutliches Zeichen gegen die Treibjagd in Taiji. Er drohte mit dem Ausschluss aus dem Verband derjenigen Einrichtungen, die weiterhin Wildfänge aus der Treibjagd erwerben.

Für kleinere Aquarien könnte das Setzen auf eigene Nachzuchten das Aus bedeuten. Sie müssten nämlich in die Aufzucht – sprich in ein separiertes Aufzuchtbecken – investieren, wozu ihnen oftmals das Geld fehlt.

Doch der Direktor des Nagoya-Aquariums, Hiroshi Nitto, ist davon überzeugt, dass die künstliche Befruchtung Zukunft haben wird. Er sagte der Presse: „Es wäre zwar einfacher, auf Wildfänge zuzugreifen, doch der Trend der Zeit weist in Richtung Nachzuchten.“
(Quelle: kyodonews.net)

Noch bis März/April 2019 finden in Taiji Treibjagden auf neun verschiedene Delfinarten statt. Inoffizielle Quellen sprechen von vielen getöteten Tieren seit dem Beginn der Jagd im September 2018. Die meisten Delfine werden geschlachtet, ein kleiner Teil wird später als Lebendfang an verschiedene Aquarien in Asien verkauft.

Lesetipp zur Treibjagd von Taiji

SOS – Land der blutenden Buchten

5 Kommentare

  1. Die Umstände in japanischen Delfinarien sowie die vergeblichen Steuerungsversuche des japanischen Zooverbands JAZA sind bislang nichts weiter als chaotische Panikreaktionen. Der Zooverband selbst empfiehlt zurzeit seinen Mitgliedern die Zucht überhaupt nicht, weil die Bedingungen in den meisten Mitgliedseinrichtungen inakzeptabel sind. Es herrscht Platzmangel und vor allem die für Nachzucht notwendigen Strukturen. Künstliche Besamungen wie sie zurzeit verstärkt von zwei Einrichtungen versucht werden, sind vom Zooverband nicht erwünscht und sind auch nichts weiter als amateurhafte Versuche mit tierquälerischen Methoden. Die Erfolgsrate liegt unter 10%, es gibt zig erfolglose Besamungsversuche sowie Fehlgeburten bei künstlicher Besamung. Selbst die Spermagewinnung ist dort extrem schwierig und es gibt nur wenige Bullen, die nutzbares Sperma produzieren bzw. abgeben. Das liegt zum einen am falschen Trainingsansatz und fehlender Ausbildung des Personals, zum anderen aber auch wohl an der extremen Kontamination der japanischen Tiere mit Umweltgiften. Leider sind Forschungen dazu von seiten des Zooverbands auch unerwünscht. Zu guter Letzt möchte ich noch hinzufügen, dass die gesamte Berichterstattung über künstliche Besamung in Japan als neue Technologie gut in die Kategorie „Fake News“ passt. Seit 2003 finden regelmäßig in japanischen Delfinarien künstliche Besamungen statt und sind seitdem in keinster Weise erfolgreicher geworden, weil die Erfahrung westlicher Wissenschaftler dort genauso als unerwünschte Einmischung von außen gilt wie die Proteste von Tierschützern gegen die Treibjagden. 15 Jahre wird diese Technologie bereits eingesetzt und es bislang dort nicht gelungen, weibliche Tiere zuverlässig schwanger zu bekommen (technische sowie physiologische Gründe, die ich hier nicht näher erläutern möchte), es gibt keine verlässliche Quelle von Sperma mit akzeptabler Befruchtungsqualität, zudem ist das Handling des Spermas (Transport, Einfrieren, Auftauen etc.) vollkommen falsch, und letztlich werden die Weibchen, die schwanger werden, nicht vernünftig betreut sowohl vor der Geburt als auch danach. Was die japanischen Zoos mit der künstlichen Besamung machen, ist genau das, was die westlichen niemals wollten: natürliche Fortpflanzung zu ersetzen. Die Japaner sind dem Irrglauben erlegen, dass sie einfach durch mehr Schwangerschaften am Ende mehr Überlebende haben (reine Statistik). Da Delfinweibchen aber eben nicht einfach so mal ihre Zyklusrate erhöhen, wird künstlich nachgeholfen und dann eben auch künstlich besamt, weil die meisten Delfinarien gar keine Männchen haben, die selbst befruchten könnten.

    Die Daten habe ich übrigens über offizielle Anfragen einer deutschen Universität aus japanischen Journalen erhalten sowie über einen Professor der Aquakultur an einer japanischen Universität. Die Zahlen sind erschreckend.

    geschrieben von Benjamin
    1. Deine Sichtweise sowie deine Ausführungen sind hochinteressant, Benjamin. Vielen Dank dafür!

      geschrieben von Susanne
  2. Interessant. Warum aber eine künstliche Befruchtung? Bei so vielen Delfinen sollte doch eine „natürliche Nachzucht“ möglich sein wie in Europa

    geschrieben von Oliver
    1. 40 Nachzuchten vs. 160 Wildfänge: Das ist nicht so ein großer Erfolg. Ich denke außerdem, dass es nach Geschlechtern getrennte Gruppen gibt (wie auch in Europa). Da wäre dann eine künstliche Befruchtung wahrscheinlich ebenfalls eine Option.

      geschrieben von Susanne
    2. Natürliche Nachzucht in Japans Delfinarien ist aufgrund der extrem schlechten Bedingungen in den meisten Einrichtungen (fehlende Beckenstruktur, keine Erfahrung im Umgang mit Delfingruppen, komplett auf Unterhaltung getrimmte Tierhaltung ohne den Tieren soziales Verhalten zu ermöglichen etc.) praktisch unmöglich. Und die künstliche Besamung wird leider da als Möglichkeit gesehen, die Tiere trotz unzureichender Haltung schwanger zu bekommen in der simplen Annahme, bei mehr Schwangerschaften klappts dann auch statistisch irgendwann dass Jungtiere durchkommen. Ein gutes Beispiel dafür, dass künstliche Besamung in die richtigen Hände gehört, denn natürlich kann diese Technologie einfach missbraucht werden für rein kommerzielle Zwecke.

      geschrieben von Benjamin

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