Kritik und Freude


Der Vorschlag, den kommerziellen Walfang wieder zuzulassen, ist erst einmal vom Tisch. Am dritten Tag der 62. Jahreskonferenz der Internationalen Walfangkommission (IWC), die derzeit in Agadir/Marokko stattfindet, informierte der Vorsitzende das Gremium, dass sich die Regierungen nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu dem vorliegenden Kompromissvorschlag zur Legalisierung des kommerziellen Walfangs einigen konnten. Nach einer „cool off“-Periode sollen die Verhandlungen wieder aufgenommen werden.

Die Wal- und Delfin- bzw. Umweltschutzorganisationen reagierten unterschiedlich auf das Tagesergebnis der IWC-Verhandlungsrunde von gestern. Hier ein paar Stimmen:

WWF: Der WWF kritisiert das Scheitern der Bemühungen. „Ein Kompromiss, der den bestehenden Walfang unter der Kontrolle durch die IWC stellt, wäre klar vonnöten gewesen“, sagte Volker Homes, Artenschutzexperte des WWF. „Das Scheitern dieser Gespräche zementiert den Status Quo. Bedrohte Arten wie Finn- und Seiwal bleiben trotz Moratorium weiter auf der Abschussliste der Walfangnation Japan.“

Der WWF hatte gemeinsam mit anderen Umweltverbänden sechs Kernforderungen aufgestellt, die ein Kompromiss für wirksamen Walschutz beinhalten müsse. Dazu gehört unter anderem die Beendigung des wissenschaftlichen Walfangs und der Jagd auf bedrohte Arten. „Ein Kompromiss im Sinne eines modernen Walschutzes hätte auch die Chance geboten, Wale im Schutzgebiet des Südpolarmeers vor der Harpune zu bewahren“, so Homes weiter. Japan hat bislang die Grenzen des Schutzgebietes nicht respektiert und betreibt auch hier Walfang zu angeblichen Forschungszwecken. Trotz des geltenden Moratoriums werden weltweit bis zu 2.000 Großwale erlegt.

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Pro Wildlife: „Das umstrittene Papier, das die kommerzielle Jagd auf bis zu 1.400 Wale jährlich erlaubt hätte, ist erst mal vom Tisch „“ eine sehr gute Nachricht“, berichtet Sandra Altherr, die für Pro Wildlife an der IWC-Tagung in Agadir teilnimmt. Das ist das Ergebnis der mehrtägigen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Die USA und Japan, Triebfedern des Kompromisses, haben am Mittwochmorgen die Verhandlungen für gescheitert erklärt. „Dass der kommerzielle Walfang nun doch nicht freigegeben wird, wertet Pro Wildilfe als großen Erfolg. Ein solcher Kompromiss hätte ausgerechnet die Länder belohnt, die seit vielen Jahren das Walfangverbot mit Füßen treten. Zwar sollen im nächsten Jahr die Verhandlungen weitergeführt werden, doch das Walfangverbot bleibt bestehen“, so Altherr. „Vor allem Deutschland, England und Frankreich ist es zu verdanken, dass die IWC die Jagd nicht legitimieren wird“, so Altherr weiter. Die EU stellt 25 der 88 IWC-Mitgliedsstaaten und war ein entscheidender Stimmenblock „“ dank der drei Länder verlangte die EU maßgebliche Nachbesserungen des ursprünglichen Kompromisspaketes. Dies wiesen aber die Walfangländer zurück.

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Greenpeace: „Der japanische Greenpeace-Experte für Wale Junichi Sato zeigte sich bitter enttäuscht: „Die Mitgliedsstaaten der IWC sollten sich schämen. Ihr Gezanke verzögert den so dringend benötigten Fortschritt beim Walschutz um ein weiteres Jahr.“

Der Grund des Scheiterns: Die Kluft zwischen den verfeindeten Lagern aus Walschützern und Walfängern war unüberbrückbar. Vor allem Japan erschwerte die Verhandlungen. Die Walfangnation war nicht bereit, das Südpolarmeer als Schutzgebiet anzuerkennen. Die Walschutznationen müssen sich ihrerseits vorwerfen lassen, nicht den notwendigen außenpolitischen Druck aufgebaut zu haben, um Fortschritte zu erzielen.

Vor Ort hat Thilo Maack, Greenpeace-Experte für Meere und Wale, die Konferenz verfolgt. Er sagt über das Scheitern der IWC: „Die Konferenz ist ein Desaster für die Wale. Auch künftig wird es Japan, Norwegen und Island erlaubt sein, Tausende Wale zu töten. Entweder unter dem Deckmantel der sogenannten Wissenschaft oder weil sie das Moratorium nicht anerkennen. Hinter verschlossenen Türen ist es den Regierungsdelegationen auf der IWC in Agadir lediglich gelungen einmal mehr den Status Quo zu halten. Jetzt ist es für die Walschutznationen an der Zeit, nicht nur zu reden, sondern politisch zu handeln, um Japan, Norwegen und Island vom Walfang abzubringen. Es müssen neue Wege entwickelt werden, die aus der Walfangkommission eine Walschutzkommission machen.“

Thilo Maack hält für diese Entwicklung einige Punkte für besonders wichtig: Die Kommission müsse sich endlich den aktuellen Gefahren für Wale widmen. In Fischernetzen verendeten jährlich schätzungsweise 300.000 Wale und Delfine und die zunehmende Verlärmung und Verschmutzung schade den Tieren zusätzlich.

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WDCS: Nicolas Entrup, Vorsitzender der WDCS/Deutschland: „Wir sind erleichtert, dass dieser gefährliche Kompromissvorschlag keine Zustimmung fand. Ein Aufschub der Verhandlungen ist jedoch fragwürdig, ein Neuanfang wäre effizienter. Zweifellos müssen sich die Walschutzstaaten aber umgehend auf eine gemeinsame Vision des Walschutzes im 21. Jahrhundert einigen. In einer solchen Vision hat kommerzieller Walfang keinen Platz. Deutlicher konnte in den vergangenen Wochen die öffentlichkeit den Wunsch nach einem Ende des Walfangs nicht kommunizieren.“

1 Kommentare

  1. Dass diesmal die NGOs um 180 Grad voneinander abweichen ist schon mehr wie seltsam.Vielleicht hängt es mit den zwei Greenpeace Aktivisten zusammen, die in Japan vor Gericht stehen.

    Ich verstehe nicht, dass Greenpeace und WWF glauben, Japan würde sich an irgendwelche Einschränkungen halten. Der Kompromiss würde unter Bedingungen den kommerziellen Walfang für 10 Jahre erlauben, die ohnehin zum Teil schon gegeben sind (Naturschutzgebiet Antarktis), an die sich Japan aber einfach nicht hält. Warum sollten sie sich dann daran halten? Das ist doch naiv.

    Die Jagd zu kommerzialisieren würde die Büchse der Pandora öffnen. Da die Walfangländer jederzeit aus der IWC austreten können oder durch ein Veto ihre Bindung daran lösen können, warum sollte man ihnen dann Tür und Tor öffnen. "Erstmal dürft ihr … aber dann … " – Wer glaubt denn bei den mit langer Hand geplanten Vermarktungsmöglichkeiten und den diversen Bestechungen durch Japan noch an die Einhaltung solche Verträge?

    geschrieben von Doris

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