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So erzeugen Zahnwale ihre Töne


Zahnwale können eine Vielzahl von Geräuschen von sich geben. Diese setzen sie für die Nahrungssuche, die Orientierung, aber auch für die Kommunikation ein.

Großer Tümmler im Meerwasserbecken in Harderwijk/Niederlande
(Foto: Rüdiger Hengl)

Wie die Tiere die Geräusche tausend Meter unter Wasser, wo der Druck hundert Mal höher ist als an der Oberfläche, erzeugen, war bisher nicht bekannt.

Delfine haben drei Stimmlagen

Eine Studie der Universität Aarhus in Dänemark, an der auch Forscher der Tierärztlichen Hochschule Hannover mitarbeiteten, ergab, dass Zahnwale – darunter Delfine und Schweinswale – drei Stimmlagen haben: die knisternde Stimme (für den tiefsten Ton, der auch Vocal Fry genannt wird), das Brustregister (das ist bei Menschen die normale Sprechstimme) und das Falsett (entsprechend unserer Gesangsstimme).

Vocal-Fry-Stimmlage wird zum Jagen genutzt

„Die Vocal-Fry-Stimmlage setzen die Wale ein, wenn sie jagen“, erklärt Professorin Dr. Ursula Siebert, Leiterin des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo).

Die Tiere erzeugen Geräusche, deren Schall von den Beutetieren abprallt und als Echo zu den Walen zurückkehrt.

Mithilfe der Echoortung können sie ihre Beute in bis zu 2.000 Metern Tiefe in völliger Dunkelheit orten, verfolgen und fangen. Sie stoßen dafür kurze kräftige Ultraschall-Töne mit einer Geschwindigkeit von bis zu 700 Tönen pro Sekunde aus.

Schall verbreitet sich im Wasser fünfmal schneller aus als in der Luft.

Besondere Anatomie

Um unter Wasser Töne erzeugen zu können, bedarf es einer besonderen Anatomie.

Wenn die Wale tiefer als hundert Meter tauchen, kollabieren ihre Lungen, um die Druckfall- oder Taucherkrankheit zu vermeiden. Die Luft aus den Lungen steht den Tieren also nicht mehr zur Verfügung.

„Eines der Rätsel, das wir lösen mussten, war, wie es ihnen gelingt, in 1.000 Metern Tiefe einen ausreichenden Luftstrom zu erzeugen. Der Druck ist dort so groß, dass die Luft in den Lungen der Wale auf ein Prozent des Volumens, das sie an der Oberfläche haben würde, zusammengepresst wird. Die verbliebene Luft sammelt sich in nasalen Muskelsäcken. Herauskommen dabei schließlich die lautesten Töne, die Tiere überhaupt erzeugen können“, so Siebert.

Stimmlippen in der Nase

Vor bereits 40 Jahren wurde entdeckt, dass Zahnwale Töne nicht wie andere Säugetiere mit dem Kehlkopf, sondern mit sogenannten Stimmlippen in der Nase erzeugen.

Ursula Sieber erklärt, dass für die oben erwähnten Vocal-Fry-Töne die Stimmlippen nur kurz geöffnet werden müssen, denn für diesen Ton wird nur sehr wenig Luft benötigt. Das wäre für die Echoortung und die Jagd ideal.

Forschungsergebnisse aus Delfinarien

Um die Technik zu entwickeln und die Daten für ihre Studie zu sammeln, benötigte das Team zehn Jahre.

Wichtige Erkenntnisse gewannen die Forschenden mithilfe von in menschlicher Obhut lebenden Meeressäugern.

Dazu führten sie ein Endoskop (eine kleine Kamera) in den Nasaltrakt der trainierten Tiere ein, welches Hochgeschwindigkeitsvideos aufnahm. Diese wertete das Forschungsteam zusammen mit Tonaufnahmen aus.

Messergebnisse erhielten die Wissenschaftler außerdem von Zahnwalen in freier Wildbahn, die sie von kleinen Booten aus mit kleinen Sendern versehen hatten.

Wie der Kehlkopf bei Säugetieren

„Physikalisch funktioniert ihr System genauso wie der Kehlkopf bei Säugetieren oder der Stimmkopf bei Vögeln“, erläutert Siebert, „auch sie nutzen Luft, um Töne zu erzeugen.“

Zur Tonerzeugung verwenden die Meeressäuger die im Muskelsack gesammelte Luft: Der Wal öffnet für etwa eine Millisekunde ein Ventil, wodurch ein Luftstoß mit sehr hohem Druck an den vibrierenden Schalllippen in der Nase entlangströmt. Wenn die Lippen wieder zusammenschlagen, entsteht der Klicklaut. Diese Schallwellen breiten sich dann zur Vorderseite des Walkopfes aus.

Der Druck zur Tonerzeugung ist – laut Siebert – bis zu fünfmal höher als der Druck, den ein Trompeter mit seinem Instrument hervorbringen kann.
(Quellen: Toothed whales use distinct vocal registers for echolocation and communication und Wie Wale Töne erzeugen)

Forschungen von Günther Behrmann

Auch der Tierpräparator und Wal-Experte Günther Behrmann hat sich mit der Tonerzeugung von Walen und Delfinen befasst. Er nennt drei verschiedene Orte, an denen die Laute der Wale entstehen. Mehr dazu unter Wie erzeugen Delfine ihre Laute? und Wie orientieren sich die Wale; warum stranden sie?

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