Themen:

Delfine müssen als Killer herhalten


Der Artikel „Wenn Flipper zum Killer wird“, der am 31. Juli 2023 in der Printausgabe der Augsburger Allgemeinen erschienen ist, hat mich dazu veranlasst folgenden Leserbrief zu schreiben, der am nächsten Tag von der Zeitung veröffentlich wurde (zur Vergrößerung bitte Foto anklicken):

Leserbrief zu Zeitungsartikel
(Foto: Susanne Gugeler)

Reißerische Überschriften

Reißerische Überschriften und spektakuläre Headlines begegnen einem in allen Medien. Die Konkurrenz unter Tageszeitungen und Magazinen oder auch Online-Portalen ist riesengroß. Jeder will die meisten Kunden und Liker abschöpfen.

Ich kann diese journalistische Maßnahme in gewisser Weise verstehen. Doch manchmal wird es mir dann doch zu bunt. Wenn Delfine in der Überschrift zu Mördern (Killern) gemacht werden, hört es für mich auf.

Viele Leser widmen ihre Aufmerksamkeit nur den Aufmachern und nicht dem ganzen Artikel. Was übrig bleibt an „Wissen“ ist: Uiiii – Delfine sind also Killer.

Delfine sind nicht Akteure, sondern Opfer

Delfine sind jedoch nicht die Akteure im Schwarzen Meer, sondern sie sind Opfer. Seit dem Start der russischen Offensive vor eineinhalb Jahren sind überproportional viele tote Delfine an der Schwarzmeerküste angespült worden.

U-Boot-Raketen, Helikoptermotoren, Unterwasserexplosionen und Minen können bei Walen akustische Traumata verursachen und letztendlich zu ihrem Tod führen.

Schwimmende Gehege

Offenbar wurden an der Einfahrt von Sewastopol (Halbinsel Krim) mehrere Unterwassergehege platziert. Doch ob in diesen Große Tümmler gehalten werden, ist nicht bekannt. Daher bedient sich die Augsburger Allgemeine auch nicht eines Fotos vom Ort des Geschehens, sondern begnügt sich mit einem Bild, auf dem ein in der Flensburger Förde springender Delfin gezeigt wird. „Beweise für den Kampfeinsatz von Delfinen fehlten“, schreibt die Zeitung. Und: In den Netzkäfigen könnten (also müssen nicht) Tiere sein …

Dann kommen lange Erklärungen, wie Delfine früher (während des Kalten Krieges) in den USA und in der ehemaligen Sowjetunion von der Marine für militärische Einsätze ausgebildet wurden.

Mythen und Legenden

Ein Absatz beschreibt, dass es um Delfine im Kampfeinsatz auch viele Mythen und Legenden gäbe. „Die Geschichten, dass Delfine feindliche Kampftaucher angreifen und töten oder auch Haftminen an feindlichen Booten anbringen können, sind für mich eher Gerüchte“, wird Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz zitiert.

Was soll also die Überschrift?

Auch der Delfin-Experte vom Nürnberger Tiergarten – Dr. Lorenzo von Fersen – kommt im Zeitungsartikel zu Wort. Er geht davon aus, dass es bei der Marine in den USA noch rund 70 Große Tümmler gibt. Diese würden aber nicht mehr für militärische Zwecke eingesetzt, sondern hauptsächlich für die Forschung trainiert. Auch von Fersen zweifelt an den Berichten über Delfine, die vom russischen Militär eingesetzt werden.

Ich gebe noch einmal zu bedenken: Warum also die Überschrift „Wenn Flipper zum Killer wird“?

Militärische Einsätze in den achtziger Jahren

Darüber, wie Delfine in den achtziger Jahren militärisch ausgebildet wurden, gibt ein 2006 erschienener Artikel in SPIEGEL Wissenschaft Aufschluss.

Ihre Aufgaben damals reichten vom Aufspüren und Markieren von Minen, über die Ortung von Marinetauchern bis zum Schutz von Schiffen und Häfen.

Den vollständigen SPIEGEL-Beitrag findet ihr unter „Militär-Meeressäuger – Wie Delfine für den Krieg gedrillt werden“.

Lesetipps

* Kampfdelfine: Sie werden „für menschliche Missetaten missbraucht“
* Auch Delfine sind Kriegsopfer
* Tote Delfine am Schwarzen Meer
* Delfine für Militär im Einsatz?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert