Vom 9. bis 11. Oktober unterzeichneten 147 Staaten in Japan ein Quecksilber-Übereinkommen. Die Konvention der UNEP (United Nations Environment Program) fordert Regierungen auf, ihre Bürger vor Quecksilbergefahren zu schützen.
„Diese Konvention hat Konsequenzen für Länder, in denen Wal- und Delfinfleisch gegessen wird“, sagt Sigrid Lüber von OceanCare. Sandra Altherr von Pro Wildlife ergänzt: „Bisher gefährden die Walfangländer ihre Bevölkerung, indem sie die Risiken von Walfleisch verharmlosen, zu niedrige Grenzwerte setzen oder den Verkauf gezielt ankurbeln.“ Eine neue Online-Datenbank von OceanCare und Pro Wildlife informiert über den Giftstoffgehalt in Meeressäugern weltweit.
Giftiges Nahrungsmittel
Vor allem in Japan, Grönland, den Färöer Inseln und Island wird Wal- und Delfinfleisch als Nahrungsmittel verkauft, in Japan sogar in Schulkantinen serviert. „Delfine und Wale stehen am Ende einer komplexen Nahrungskette. In dem Maß, in dem die Weltmeere zunehmend verschmutzen, lagern die Meeressäuger auch Umweltgifte wie Quecksilber oder toxische Chlorverbindungen ein“, erläutert Lüber. Dies gefährdet nicht nur das langfristige Überleben der Meeresriesen, sondern auch die Gesundheit von Menschen, die solches Wal- und Delfinfleisch verzehren.
So wiesen japanische Forscher in Delfinfleisch aus lokalen Supermärkten Quecksilberkonzentrationen von bis zu 1.980 µg/g nach – 5.000-fach höher, als die japanischen Grenzwerte zulassen.
Die auf den dänischen Färöer Inseln gefangenen Grindwale gelten als am stärksten belastete Meeressäuger weltweit. Dennoch wurden dort allein in diesem Jahr etwa 900 Grindwale und 430 Weißseitendelfine getötet und Fleisch und Speck an die Bewohner verteilt.
Neue Website informiert über Giftstoffe in Meeressäugern
Die eben veröffentlichte Datenbank Toxic Menu zeigt die Ergebnisse aus drei Jahrzehnten Forschung zur Belastung von Meeressäugern und die daraus resultierenden Risiken: „Die wissenschaftlichen Beweise für die Gesundheitsgefahren sind erdrückend: Der Konsum von Wal- und Delfinfleisch kann Parkinson-Krankheit, Immunschwäche, neurologische Entwicklungsstörungen und Herzerkrankungen verursachen“, so Altherr.
Die Online-Datenbank ist Teil eines langjährigen Gemeinschaftsprojekts von OceanCare (Schweiz) und Pro Wildlife (Deutschland). Die Datenbank richtet sich an Politiker, Behörden und Ärzte, aber auch an eine breite Öffentlichkeit.
Durch die sogenannte Minamata-Konvention verpflichten sich 147 Staaten, Quecksilber-Emissionen drastisch zu verringern und Schutzvorkehrungen für ihre Bevölkerung zu treffen. Im vergangenen Jahr hatte bereits die Internationale Walfangkommission (IWC) eine Resolution verabschiedet, die die Walfangländer auffordert, ihre Bevölkerung vor den teils gefährlich hohen Giftstoffbelastungen in Walen und Delfinen zu warnen.
Minamata ist eine japanische Hafenstadt, in der in den 1950er-Jahren über 10.000 Menschen eine Quecksilbervergiftung erlitten, nachdem die ansässige Industrie ihre Giftstoffe in die örtlichen Gewässer entsorgt hatte. Etwa 3.000 Menschen starben, viele Erkrankte leiden bis heute an den Folgen.
(Quelle: OceanCare; die weiterführenden Links wurden von den MEERESAKROBATEN gesetzt)
Die UNEP-Veröffentlichungen befassen sich mit den Auswirkungen von menschlicher Quecksilber-Aufnahme über Nahrungsmittel weltweit, und ist adressiert an die Einwohner westlicher Metropolen ebenso wie an Bevölkerungsgruppen mit hohem Fischkonsum. An keiner Stelle weist die UNEP m.W. auf eine spezifische Gefährdung durch Walfleisch hin, sondern faßt entsprechende Nahrungsmittel unter "fish", "ocean fish" oder "seafood" zusammen; sie betont immer die Gesamtaufnahme und die besonderen Umstände im Gesamtzusammenhang.
Wenn Tierrechts-Organisationen auf die vergleichsweisen hohen Werte in Walfleisch hinweisen, mag das aus ihrem spezifischen Interesse heraus verständlich sein, über die tatsächliche Gesundheits-Gefährdung sagt dies nichts aus; zudem ist eine ursächliche Differenzierung nach Fisch- und Walfleischkonsum kaum möglich. Die Untersuchungen weisen besorgniserregende Quecksilber-Werte auch über Fisch-Konsum ohne Walfleisch aus.
Die Lektüre der UNEP-Veröffentlichungen zeigt die Kurzschluß-Problematik solcher interessengeleiteten Schlußfolgerungen, siehe z.B. http://www.unep.org/hazardoussubstances/Portals/9…
Wer immer sich für die Herausforderungen spezifischer Gesundheitsvorsorge interessiert, kann feststellen, daß das von den EU-Normen abweichende öffentliche Informationssystem über Nahrungsmittelrisiken in einigen skandinavischen Ländern bemerkenswert gut funktioniert, – so wurde in Schweden mit Dioxin höher belasteter Lachs praktisch unverkäuflich (und illegal u.a. nach Frankreich und Dänemark exportiert) und der Grindfleisch-Konsum in den Färöern ist aufgrund der vorsorglichen behördlichen Informationen und Empfehlungen insbesondere bei den Risikogruppen erheblich zurückgegegangen.